DALE WATSON HAT

heute den 47. Ring seines Lebensbaums vollendet, und einige Cowgirls und Trucker und auch (etwas seltsam gepolte) Line-Tänzer und Linetanzhasser und nachdenkliche Intellektuelle zwischen Austin, Texas, und Rattlesnake Mjunik Disko wünschen ihm, dass das Beste aus seiner Vergangenheit das Schlechteste seiner Zukunft sein möge.

Und ich kann hier ankündigen, dass im Herbst 2010 bei der Edition Tiamat eine Sammlung meiner Musikartikel erscheinen wird, und dass Dale Watson darin nicht zu knapp vorkommen wird.

Eine schöne Begegnung, als ich ihn eines Nachmittags in der Schweiz interviewen konnte: er war müde vom Jetlag, war natürlich so höflich und freundlich, wie er nunmal ist, aber er war auch in einer jetlagmäßig assoziativen Stimmung, und erzählte, dass er vorhin aufgewacht und auf den Balkon gegangen sei und dann auf einem gegenüberliegenden Balkon minutenlang einer Frau im Badetuch zugesehen habe. „Der Anblick hat mich glücklich gemacht“.

Ich hatte ihn bis dahin für einen im besten Sinn durchaus konservativen Countrysänger gehalten. Jetzt erzählte er von Veränderungen. Er machte eine tiefe Verbeugung vor den Dixie Chicks und ihrer Courage und gestand, dass er diese nicht gehabt hätte. Er lieferte aus dem Stegreif eine Rede, die jederzeit und überall als großartige Lektion gegen Rassismus und dumpfes Denken jeder Art taugen würde. Und er betonte, dass er sowieso schon länger keinen Wert mehr darauf lege, unter Country Music einsortiert zu werden, denn darunter werde allgemein nur noch eine Art konturloser Mainstream verstanden, der in jeder Hinsicht zu verabscheuen sei. Dagegen schätze er die Heavy-Metal-Trash-Band von Hank III und jeden, der seinen eigenen Weg gehe und sich von den blöden Ansagen der Musikindustrie nicht beeindrucken lasse.

Das alles erzählte er vollkommen gelassen und sorgfältig abwägend und ohne sich kurz fassen zu wollen, und ich bekam soviel Zeit wie ich glaubte haben zu wollen.

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