GROSSE AUFREGUNG

wie immer auch hier, wenn ein neues Buch von Walser auf den Markt kommt, die vielleicht sogar größer als in den großen Redaktionen ist, wo man natürgemäß alltäglich mit großen Themen konfrontiert ist, selbst in der Abteilung für Literatur.

Wie allgemein bekannt, ist es ein Vorteil von uns Independents, nicht nur schneller und spontaner handeln zu können (womit zweifellos keine höhere Qualität des Beitrags verbunden sein muss), sondern auch überraschende, ggf. abseitige Querverweise auf der Pfanne zu haben. Ich schreibe dies im Anblick eines Musikvideos der Hustlers, das mich mit einem spärlich bekleideten Surfergirl verständlicherweise vom Thema abzulenken vermag. Eine Bemerkung, die im seriösen Feuilletion zurecht nichts verloren hat. Wie auch die Bemerkung, dass das falsch geschrieben „Feuilletion“ durchaus netten Effekt haben könnte. Aber, wie schon Miles Davis meinte, „so what“.

Im Angesicht (nicht des Verbrechens, sondern) der Walser-Aufregung verweisen wir also einmal mehr auf das Theaterstück „Der Literaturverweser“ von Carl Wiemer (Edition Tiamat, Berlin 2010), mit dem Dichter Martin Walser (im Stück „Alwin Raser“), seiner Gattin und den drei Töchtern in den Hauptrollen, und präsentieren einen Auszug, der dem einen wie dem anderen Buch nützen möge:

Freya: Worüber wollen sie überhaupt mit dir reden?

Raser: Über Gott und die Welt.

Freya: Darauf bist du spezialisiert.

Raser: Seit den fünfziger Jahren hat es keine öffentliche Debatte gegeben, an der ich nicht teilgenommen hätte. Ich hatte zu allem etwas zu sagen. Bekommt ihr noch alle meine Themen zusammen?

Freya: Mal sehen. Lasst uns einen Quiz veranstalten. Alwin Rasers Wortbeiträge der letzten fünf Jahzehnte.

Elvira: Au ja. Und wer nicht mehr weiter weiß, muss zum Abendessen mit einem von Papas Ehrendoktorhüten auf dem Kopf erscheinen.

Anmerkung: Soweit wir wissen, wurde Carl Wiemer sein dramatischer Text mit dem Untertitel „Ein Stück über Vernichtungsgewinnler“ bisher nicht aufgeführt. Böse Zungen behaupten, das sei bezeichnend für die deutsche Theaterlandschaft.

Wir nicht.

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