Sieben Stunden nach der bedingungslosen Kapitulation des OKW, am frühen Morgen des neunten Mai des Jahres neunzehnhundertfünfundvierzig, schickten sich, auf einem Hügel tief im böhmischen Wald, wenige Schritte abseits einer Straße, über die sich, wie über alle Straßen Böhmens zu dieser Stunde, der brüllende Knäuel der westwärts fliehenden Wehrmacht wälzte, zwei Männer der Feldgendarmerie, von einem SS-Leutnant kommandiert, an, einen verzweifelt sich wehrenden gefesselten jungen Soldaten, der ein kleines, eilig geschriebenes Schild auf der Brust trug: „Ich war zu feige, Deutschland vor den Barbaren zu schützen!“, am Ast einer Eiche zu henken. Der junge Soldat schrie unablässig den einen Satz: „Aber der Krieg ist doch aus, aber der Krieg ist doch aus …“ …
Anfang der Erzählung Kapitulation von Franz Fühmann (1922-1984)