WAS ES ALLES GIBT

Die Mauer in den Köpfen. Zum Beispiel. Ist sicher einer der interessantesten Begriffe, die wir dem Fall der Mauer zu verdanken haben; wo zuvor angenehme Leere war, stand plötzlich eine Mauer. Damit muss man erstmal klarkommen. Andere Begriffe begreifen wir nicht auf Anhieb, weil sie brandneu sind und wir sie noch nicht in den Griff bekommen. Dabei sind uns oft Politiker eine große Hilfe.

Das MdB Volker Ullrich (CSU) ist gerne eine besonders große Hilfe. Geht keiner Herausforderung aus dem Weg. Lädt zu einem Informations- und Diskussionsabend ein: „Wie geht die Politik mit der großen Herausforderung Asyl um?“ Dabei habe es, sagt die Zeitung, keine Hassäußerungen gegeben, sondern sachliche Fragen und Beiträge. Wäre ja noch schöner! Das MdB habe das Engagement vieler Deutscher gelobt, aber auch gemahnt, man müsse die Bedenken besorgter Bürger ernst nehmen – denn: „Es gibt eine Grenze für die kulturelle Aufnahmekapazität.“ Wovon spricht das MdB? Frage ich mich mit geradezu unmenschlicher Sachlichkeit. Es gibt also jetzt eine Grenze für die kulturelle Aufnahmekapazität – gut, aber auch bei uns in Bayern? Damit muss man erstmal klarkommen. Und dabei ruhig Blut bewahren.

Zuerst habe ich mich gefragt, woher kenne ich denn dieses MdB? Wo ich mich doch nicht besonders für Politik interessiere und für die eifrigen jungen Seehoferwasserträger auch nicht. Dann ist es mir eingefallen. Dieses relativ neue MdB hat seinen Gang nach Berlin nämlich erstaunlich gut vorbereitet, und im Februar 2013 schrieb ich für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung diesen Kommentar dazu:

„Wer wissen will, wie es um die Christlich Soziale Union in Bayerns drittgrößter Stadt wirklich steht, der muss den Bayernhäuptling anrufen. Das Lied, das Ministerpräsident Seehofer nicht zum ersten Mal zum Besten geben könnte, wäre einige Nummern härter als die neue Rockscheibe vom Heino.

Nachdem die Augsburger CSU allein schon in jüngster Zeit mit Stichworten wie Parteiabspaltung, Parteiausschlussverfahren oder Stadtratsmehrheitsverlust glänzte, ist es jetzt der Ordnungsreferent Volker Ullrich, der mal richtig ins Rampenlicht drängt. Hat er doch letzten Montag glatt Polizei und Justiz in der Augsburger Allgemeinen einmarschieren lassen, um einen Verbrecher seiner verdienten Strafe zuführen zu können, der ihn in einem Online-Kommentar beleidigt hatte. Ja, und wie hat ihn der Kerl beschimpft? „Du ganz du dreckige Drecks…“ vielleicht oder sogar „Oberförster“? Wäre ja noch gegangen. Aber die Beleidigung war halt doch irgendwas mit „Rechtsbeugung.“ Was in Zusammenhang mit „Straßenstrichabschaffung“ oder wie das heißt natürlich nicht mehr lustig ist.

Es ist so: Der Ordnungs- und CSU-Politiker Volker Ullrich (37) will ja bekanntlich nach Berlin. Man möge ihm diesen Lebenstraum also doch bitte erfüllen und ausnahmsweise ohne Wahlen und solche Sperenzchen. Wird doch wohl einmal möglich sein. Ein Mann aus der Brechtstadt, mehr muss man doch nicht sagen.“

Soviel zu meiner persönlichen Grenze für kulturelle Aufnahmekapazität.

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