Zum 40-jährigen Bestehen das neue Album der Creeping Candies mit dem nicht ganz unberechtigten Titel INVINCIBLE (Bezugspunkte unten) – ein langer Weg, seit ihr Debut damals auf dem Hilsberg-Label What´s So Funny About erschienen war (siehe auch den Beitrag davor). Als Beilage zur Vinyl-Ausgabe schrieb ich für sie diesen Text (in dem ich das unschlagbare Zitat von Nikki Sudden dummerweise nicht einbaute, weil ich es schon mal wo eingebaut habe: „Apart from Can they’re my favorite German band ever.“):
PURE FREUDE (ALLEIN IST NIE GENUG)
The Creeping Candies feiern mit Invincible kein Comeback, sondern einfach nur ihr 40jähriges Bestehen. Wobei mir unvermeidlich sofort auffällt, dass aus der Independent-Klasse von 85 nur wenige Bands durchgehalten haben. Durchhalten klingt ekelhaft wie Einzelhaft und hat auch mit Qualität nichts zu tun – während die 40 Jahre der Creeping Candies mit einer so guten wie abenteuerlichen Geschichte verbunden sind, in deren Mittelpunkt bis heute die pure Freude am Musikmachen steht: Die ist offensichtlich unbesiegbar und Invincible ist für mich mal wieder ihr bestes Album. Das frisch wie ein vielversprechendes Debut klingt. Dabei ohne Wir-sind-jung-geblieben-Getue, sondern charmant souverän, mit melancholischen Momenten. In Text und Tracks frei von abgestumpfter Nostalgie oder Wir-haben-schon-alles-mitgemacht-ihr-Pisser-Attitüde.
Große Worte. Die ich mir erlaube, weil ich seit fast 40 Jahren Fan bin. In München interessierte man sich 86 für keine Band aus Augsburg, aber brennend für alles, was der zurecht Independent-Papst genannte Alfred Hilsberg auf seinem What´s So Funny About-Label rausbrachte. Ihr Debut-Album Flesh stand plötzlich neben The Gun Club oder Nikki Sudden. Und war sogar von Sudden gepusht und, wie zwei weitere Platten, produziert worden. Und die Band wurde im Musikmagazin Spex, das wir studierten wie andere die Bibel, „die Speerspitze der süddeutschen Independentszene“ gepriesen. Allein schon das waren Erfolge, für die damals alle Musiker:innen, die sich nicht mit der NDW infiziert hatten, die überlebenden Sex Pistols erschossen hätten… Um die lange Geschichte abzukürzen: Die Band wurde dann doch nicht von großen Hoffnungen oder freundlichen Männern der Musikindustrie erledigt.
Danach Ups & Downs (naturgemäß für Underground-Rock´n´Roll), Pausen (auch mal länger), Umbesetzungen (bei denen der Candies-Charakter mit Sänger/Gitarrist Christian „Hölle“ Höllriegel als Herz der Band erhalten blieb). Aber ich habe sie nie vergessen und bekam alle Tonträger und live so ziemlich jede Candies-Variante mit. Und ging auf jedes Konzert schon auch mit der vagen Befürchtung, die mich bei allen geschätzten langjährigen Bands befällt, verdammt, bleib lieber weg, es könnte peinlich werden! Ist jedoch nie passiert! Ich war und bin glücklich damit.
Voller Energie sind The Creeping Candies immer noch so lässig wie großartig und inspiriert von 60ies-Garage-Rock, den sie inzwischen etwas countryfiziert haben (und der weiterhin als Anti gegen Rock-Musik bestens funktioniert). Und das hat nicht nur mit purer Freude zu tun, sondern mit Haltung. Anders geht’s nicht, wenn es um gute Musik geht. Und so kam´s also, dass sie mit Invincible besser denn je sind.
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Infos & Shopping: https://creeping-candies.de/
Teil 1 ihrer sehr interessanten Video-History (der finale Teil 4 kommt in den nächsten Tagen):