SPITZENSATZ (69)
Von Franz Dobler | 30. April 2021 | Kategorie: Unterhaltung | Kommentare deaktiviert für SPITZENSATZ (69)„Es ist in diesem Lande jede Diskursfähigkeit verloren gegangen.“
(Thomas Gottschalk, Welt, 29.4.)
„Es ist in diesem Lande jede Diskursfähigkeit verloren gegangen.“
(Thomas Gottschalk, Welt, 29.4.)
Auf Telegram „existieren Kanäle, die sich „Anwälte für Aufklärung“ oder „Polizisten für Aufklärung“ nennen und vor allem der Vernetzung dienen“ für die Querdenker-Truppe. „Nun ist eine neue Gruppe dazugekommen. Im sogenannten „Veteranen-Pool“ haben sich binnen eines Tages über zehntausend Mitglieder eingefunden. Längst nicht alle dürften tatsächliche Veteranen der Bundeswehr oder der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR sein (…)Dennoch (…) Hunderte User posten Angaben darüber, wo sie wann und in welcher Einheit für Bundeswehr oder NVA gedient haben – und zwar mit den exakten militärischen Abkürzungen und Dienstgraden.
Der Gruppen-Administrator schreibt: „Wir ziehen nicht in den Krieg. Wir sind im Krieg.“ (…) Ein anderer antwortet: „Ich sage nur Kesselschlachten in Berlin“ (…) Bei dem User, der sich eine solche Schlacht in der Hauptstadt wünscht, handelt es sich nach Tagesspiegel-Informationen um den Brandenburger AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Freiherr von Lützow. Von Lützow war als Zeitsoldat fünf Jahre bei der Bundeswehr und Ende der 1990er Jahre unter anderem im Auslandseinsatz im Kosovo. Auch diese Informationen verbreitet er in dem Chat, der dem Tagesspiegel vorliegt. Außerdem ruft er dazu auf, die Aktion „bundesweit abzusprechen”. Man müsse „überall gleich auftreten als eine Einheit”…“ (Tagesspiegel, 29.4.)
https://m.tagesspiegel.de/berlin/veteranen-machen-fuer-querdenker-mobil-afd-landtagsabgeordneter-will-kesselschlacht-in-berlin/
Der Punkt, an dem ich mit Beauftragten von Bund und Ländern vollkommen einer Meinung bin, auch wenn ich in dem Fall „Sorge“ für einen schwachen Ausdruck halte:
(Die Zeit, 28.4.:) „Die Beauftragten von Bund und Ländern äußern in einem Papier ihre Sorge über die BDS-Bewegung. Im Gewand von Israel-Kritik verbreite sie antiisraelischen Antisemitismus (…) Im Dezember letzten Jahres hatten mehrere namhafte deutsche Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen kritisiert, dass die Verurteilung der BDS-Bewegung durch den Bundestag eine gefährliche Logik ausgelöst habe. Man lehne zwar den Boykott Israels ab, habe aber die Sorge, dass durch missbräuchliche Verwendungen des Antisemitismusvorwurfs wichtige Stimmen beiseitegedrängt und kritische Positionen verzerrt dargestellt würden, hieß es damals. Beteiligt waren etwa das Goethe-Institut, die Kulturstiftung des Bundes und die Stiftung Humboldt Forum.
Die Konferenz der Europäischen Rabbiner forderte indes ein Verbot der BDS-Kampagne in der EU. „Die antiisraelische BDS-Bewegung ist mit ein Wegbereiter einer neuen Welle des in Europa aufkommenden Antisemitismus, der immer aggressiver gegen hier lebende Juden verbal und auch tätlich ausgelebt wird“, sagte der Präsident der Konferenz, Pinchas Goldschmidt.“
https://www.zeit.de/politik/2021-04/israel-boykott-antisemitismus-beauftragte-bds-bewegung-kritik-judenfeindlichkeit
Gegen diesen Vergleich muss die Heilige Teresa von Kalkutta, wie sie in meiner ehemaligen Glaubensgemeinschaft genannt wird, denn doch verteidigt werden!: „Dass keineswegs nur Gender-Aktivist:innen darum kämpfen, Geschlechtervielfalt als Teil der menschlichen Kultur und Geschichte anzuerkennen, sondern auch Ethnolog:innen, scheint bei der Mutter Teresa der Proletarier aus Marzahn-Hellersdorf und Wanne-Eickel nie angekommen zu sein.“ Da muss Frau Wagenknecht schon ein paar hilfreiche Schippen drauflegen.
https://taz.de/Debatte-um-Sahra-Wagenknecht/!5767997/
aus unserem Land und wie so oft ist es nicht die kulturverarbeitende Industrie, die es nicht vor die Hunde gehen lässt: „Deutschland hat im vergangenen Jahr seine #Militärausgaben so sehr gesteigert wie kein anderer unter den zehn am stärksten aufgerüsteten Staaten weltweit. Die Aufwendungen für die Bundeswehr stiegen im vergangenen Jahr um 5,2 Prozent auf 43,8 Milliarden Euro.“ (junge Welt, 26.4.)
https://www.br.de/nachrichten/bayern/demokratiefeindliche-corona-leugner-szene-beobachterberichten,SVJaOfI?fbclid=IwAR1CyrhS6UobUtp8wg1c4xrPh5EwIPICNOJe2Tpn6A8g-zMkSpfucq9kA34
schreibt Heiko Werning in der taz, wie immer sehr gefühlvoll: „Viel zu sehr auch wurde in dieser Pandemie bislang der Fokus auf die Opfer gelegt, von denen viele ja sowieso in den nächsten fünfzig Jahren gestorben wären. Oder auf das Personal auf den Intensivstationen, das zwar das Privileg genießt, gut bezahlt mit sicheren Tarifverträgen in einem krisensicheren Job zu arbeiten, sich aber dennoch dauernd über ein paar Überstunden beschwert. Während unsere Schauspielerinnen sich durchschlagen müssen von einem gebührenfinanzierten „Tatort“ zum anderen, von einem Engagement am staatlich subventionierten Theater zum nächsten.“
https://taz.de/Aktion-Alles-dicht-machen/!5768434/
Grüßgott, Herr Schauspielerin, möchte man hinzufügen, wenn du vom rechten Pack Applaus bekommst*, könntest du ein Problem haben, aber natürlich nur ggf., wenn du nicht gerade voll auf deine Hauptrolle als AfD-Vorsitzende in einem problembewussten Fernsehfilm (Drama) konzentriert bist, an dem später deine einfühlsame Einfühlsamkeit ausgezeichnet werden wird.
*der Beleg aus „Demokratischer Widerstand“, Rundbrief 302: „Die Schauspieler stehen auf. Mit der Kampagne »Alles dicht machen« haben 53 TV- und Theater-Stars, unter anderem Heike Makatsch, Jan-Josef-Liefers, Volker Bruch, Dietrich Brüggemann und Nina Gummich gestern ihre Unterstützung der Demokratiebewegung erklärt (…) Besonders klar ist die Ansprache des demokratischen Revolutionärs Jan-Josef Liefers, der auch auf unsere Zeitung und die Regierungspropaganda eingeht.“ Wir sind gespannt, welche Artisten gegen die Anti-Demokraten klagen werden.
Aus deren Rundbrief 303 diese Stelle aus dem Inhalt: „Hermann Ploppa klärt auf: »Das Märchen von den überforderten Intensivstationen«, Seite 9“
lese ich wie immer alle Bücher
die ich selber mal geschrieben habe
damit ich mich ordentlich aufregen kann
und beißen in den roten Stift.
Der große Stuttgarter Journalist und Kolumnist Joe Bauer, ebenfalls Autor bei Edition Tiamat, hat für die jetzt erschienene Sammlung und „autobiographische Schnitzeljagd“ unseres vor zwei Jahren verstorbenen Freundes Wiglaf Droste diese melancholische Erinnerung beigesteuert (in der es neben Sauerbraten und Antifa auch um angewandte Sprachforschung geht: „Außer den letzten Rotlicht-Veteranen im Stuttgarter Kessel dürfte das Wort „Haipfler“ kaum noch jemand kennen.“):
https://www.kontextwochenzeitung.de/kolumne/525/sauerbraten-7444.html?fbclid=IwAR0-k81yUFU5dI5xqVBQkUlLbouWwRmdW_LHRAjVt2ZbooGX6P1rcku-OG8
schreibt unser Freund und Wien-Korrespondent Andreas Niedermann über das, was PolitikerInnen unter „Verantwortung“ verstehen:
„(…) Wo sich vor hundert Jahren „Verantwortungsträger“ bei Versagen entleibt und noch vor 40 Jahren Politiker „den Hut genommen“ haben, ist heute das Übernehmen von politischer Verantwortung ein rein verbaler Akt. „Ich übernehme die Verantwortung“ wird in den Medien gesalbadert, und damit hat es sich auch schon. Das war’s. Nicht mal Zerknirschung, geschweige denn Rücktritt. Die Verantwortung, wenn’s schief geht, tragen andere : Nämlich die Arbeitenden in den Spitälern, die schon kein Zahnfleisch mehr haben, um darauf zu gehen. So fuck yourself mit deiner Verantwortung!“
Wer seine Romane liest, muss keine Verantwortung übernehmen, aber ein bisschen von dem guten alten Grips mitbringen, der meistens auch im Impfstoff Mutt-A-Wit.z enthalten ist:
uva
https://www.niedermann.at/ + https://www.songdog.ch/songdog-home.html