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AN JEDEM VERDAMMTEN FREITAG

ab 17 Uhr moderiert Klaus Walter, der im Nebenberuf als Radiolegende tätig ist, auf byteFM die Sendung „taz.mixtape“ und jeden verdammten Sonntag ab 19 Uhr ebenfalls dort seine eigene Sendung „Was ist Musik?“ Aus gegebenem Anlass heute mal sein Newsletter in voller Länge:

ByteFM     taz.mixtape / Tanzen gegen Terror, Baile, Gustafsson, Balzer, Blood Orange, Molotow
Dance the pain away 1: Wieder und wieder Attentate in der Welt. Dabei gilt: Vergesst das Schöne nicht. Alltagsfluchten in Zeiten der Krise sind dringend notwendig. Katrin Gottschalk empfiehlt Tanzen gegen den Terror.
Dance the pain away 2: Techno bringt Frieden, Liebe, Zukunft. Julian Weber findet bei neuer elektronischer Tanzmusik und altem Adorno Trost und Zuflucht ob des gefühlten Weltuntergangs: Ausgehen hält die Gesellschaft zusammen.
Es herrscht in Brasilien eine Art kultureller Apartheid. Vincent Rosenblatt begleitet als Fotograf die Kultur des Baile Funk in den Favelas von Rio. Kurz vor Olympia spricht er im Interview über die symbolische Bedeutung der Bailes.
Kontrolle, um alles zu geben, Brechreiz nach Konzerten. Franziska Buhre porträtiert den hyperaktiven schwedischen Saxofonisten Mats Gustafsson. Beim Berliner A l´arme! Festival präsentiert er zwei seiner wichtigsten Bands.
Geknickter Phallus ruft nach Mama. Ulrich Gutmair lauscht im Berliner Berghain der sonoren Stimme Jens Balzers. Der Redakteur der Berliner Zeitung stellt sein Buch vor: „Pop – ein Panorama der Gegenwart.“ Ganz hier & jetzt.
„Not black enough, too black, too queer, not queer in the right way.” Juliane Streich ist beglückt von den anti-identitären Verwandlungen des afrobritischen Musikers Dev Hynes, der als Blood Orange Popsongs für eine freie Stadt macht.
Beton tropft von der Decke. Jan Paersch blättert in einem schicken Coffee Table Fotoband über die wechselvolle Geschichte des Hamburger Molotow-Clubs. Auch Peaches war da: „Finally a fucking Rock´n´Roll Club in Germany!“
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Freitag, 22.7., 17 Uhr

WAS IST MUSIK / Emanzipation im Wald – E-Mail-Talk mit JaKönigJa I
Jakobus Durstewitz: Wir wollen das Rad nicht neu erfinden mit der Musik, aber wir wollen am liebsten ’ne Musik haben, die wir so noch nicht gehört haben. Dann freuen wir uns am meisten. Sobald das zu sehr in irgendein Genre geht, was wir machen, wenn man plötzlich ein Stück hat und sieht, das ist Jazz oder so Bebop-mäßig, das können wir nicht bringen, da haben wir keine Lust zu, das interessiert uns nicht. Das können andere besser.
Ebba Durstewitz: Ja.
Ebba Durstewitz: …Werdegang der Bildungsbürgertochter, musikalische Früherziehung, dann sehr früh Klavierunterricht, ich glaube mit fünf oder sechs, das ging aber total in die Hose, weil mein Klavierlehrer nicht gemerkt hat, dass ich keine Noten lesen konnte, ich hab das einfach nicht kapiert. Und irgendwann später, so mit zwölf, dreizehn, bekam ich dann wieder Lust aufs Klavier…
Jakobus: Da warst Du verknallt in den Cellisten..
Ebba: Nee, nee, das war mit fünfzehn.
Jakobus: Achso.
Jakobus: Meine erste Gitarre war die Wandergitarre meiner Schwester, auf der ich die ersten Peter Bursch-Drei-Akkord-Stück gespielt habe und dann sofort in ne Punkband eingestiegen bin und mir irgendwo ne E-Gitarre gelie-hen (?), nee gekauft habe, für fünfzig Mark.
Ebba Durstewitz ist Lusitanistin, Literaturwissenschaftlerin, Abteilung portugiesisch. Ihre Doktorarbeit schrieb sie über Chico Buarque, den großen Songwriter und Autor. Ebbas Liebe zur brasilianischen Popmusik und Literatur spiegelt sich bei JaKönigJa…
Ebba: …weil ich da viel mehr kennengelernt habe, wie man schreiben kann und wie man sich frei machen kann von Gedanken, wie man nicht schreiben will und vor lauter Gedanken, wie man nicht schreiben will schreibt man lieber gar nichts…, weil es falsch sein könnte und ich glaube, ein Schlüsselerlebnis war tatsächlich Claryce Lispector.
Claryce Lispector, 1920 in eine jüdische Familie in der Ukraine geboren, als Kind in Brasilien gestrandet und dort zu einer gefeierten Autorin geworden, die wiederum Jahrzehnte nach ihrem Tod Spuren hinterläßt auf „Emanzipation im Wald“.
Ebba: Von Claryce Lispector, die ich wahnsinnig toll finde, die brasilianische Autorin, da kommt viel her, was auf den letzten drei Platten da ist, also auch auf dieser Platte. Also das Verhältnis zur Natur, aber die Natur eher als was Fremdes oder Abstraktes, Claryce Lispector geht es darum: können Steine fühlen? Ich möchte eine Pflanze sein, aber ohne, dass das was Esoterisches oder Transzendentales bei ihr hat, sondern immer so ganz sachlich.
Jakobus: Jetzt kann ich mich selbst bestäuben?
Ebba: Ja, genau.
Jakobus: Ich als Pflanze.
Ebba: Genau, HmHm.
„Emanzipation im Wald“ ist der Titel des neuen Albums von JaKönigJa. Bei Was ist Musik reden Ebba und Jakobus Durstewitz über unrasierte Elfen, das ICH im Popsong, Antarktis-Grusel, Liebe zu Brahms, keine Liebe zu Belcanto, das Näherkommen der Einschläge, Einsteins Relativitätstheorie… und einiges mehr. Drei Sendungen lang. Plus drei Wiederholungen.
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Sonntag, 31.7. 2016, 19 Uhr, Wiederholung Mittwoch. 3.8., 8 Uhr
Sonntag, 7.8 2016, 19 Uhr, Wiederholung Mittwoch. 10.8., 8 Uhr
Sonntag, 14.8. 2016, 19 Uhr, Wiederholung Mittwoch. 17.8., 8 Uhr
Einschalten – oder als Freund von ByteFM  im ByteFM Archiv nachhören.

Was ist Musik? Nur noch eine Stunde. Warum?
Liebe Hörer_innen von ByteFM (wer das nicht ist, kann sich die weitere Lektüre sparen)
Das Internetradio ByteFM sendet seit 2008. Ebenso lange mache ich dort die Sendung „Was ist Musik“, immer sonntags um 20 Uhr. In den ersten zwei Jahren war die Sendung drei Stunden lang, seit 2010 zwei Stunden.
Wie alle Autoren-Sendungen bei ByteFM (im Unterschied zu den redaktionell gestalteten) wird „Was ist Musik“ nicht honoriert.
Zwei Stunden Sendezeit ohne inhaltliche Vorgaben oder Beschränkungen, das ist ein Geschenk und ein Privileg, das es in dieser Form im öffentlich-rechtlichen Radio praktisch nicht (mehr) gibt. Zwei Stunden Sendezeit so zu füllen, dass es interessant bleibt, auf der Höhe der Zeit und den Ansprüchen der Hörer_innen genügt – und den eigenen – das ist eine Aufgabe, die viel Einsatz erfordert und viel Zeit. Zeit und Arbeit, für die es kein Geld gibt, Zeit, die ich brauche, um anderweitig Geld zu verdienen. Die Möglichkeiten, im deutschsprachigen Radio mit popkulturellen Themen Geld zu verdienen, haben sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschlechtert, man braucht also mehr Zeit, um genug Geld zu verdienen. Das ist einer der Gründe, weshalb ich mich entschlossen habe, meine Sendung ab sofort auf eine Stunde pro Woche zu kürzen.
Dazu noch ein paar allgemeinere Überlegungen: Zu den Besonderheiten der digitalen Marktwirtschaft gehört der Umstand, dass immer mehr qualifizierte Popkulturarbeit im Internet stattfindet – für immer weniger Geld. Das gilt für schreibende Kritiker wie für Radiomacher. ByteFM hat 2009 den Grimme Online Award bekommen. In der Begründung erinnert die Jury an alte Zeiten: „…bevor der kommerzielle Umbruch der Radiosender den geschmacksbildenden Radio-DJ durch den chartgesteuerten Computer ersetzte. Dass erst ein neues Medium genau das auferstehen lässt, was viele mit Wehmut an die früher vor dem alten Medium verbrachten Stunden zurückdenken lässt, mag Ironie des Schicksals sein. Doch ist `ByteFM´ kein verklärter Blick in die Vergangenheit, sondern eine von Musikliebhabern für Musikliebhaber gestaltete Plattform…“
Die niedlichen „Musikliebhaber“ sind zum großen Teil Musikjournalisten mit viel Erfahrung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Deren qualifizierte popkulturelle Arbeit ist im Zuge des nun schon zwei Jahrzehnte andauernden „kommerziellen Umbruchs“ immer weniger gefragt. Mit dem Siegeszug des kommerziellen Privatradios, der übrigens mit dem Fall der Berliner Mauer zusammenfällt, hat sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland von der Popkritik weitgehend verabschiedet – ruhmreiche Ausnahmen bestätigen die Regel. Entsprechende Sendungen wurden auf nächtliche Sendeplätze verschoben oder ganz abgeschafft. Meine Sendung „Der Ball ist rund“ beim Hessischen Rundfunk wurde Ende 2008 nach 24 Jahren eingestellt – knapp ein Jahr nach dem erfolgreichen Start von ByteFM…
Die Folge dieser Entwicklung: Popkritik-Profis reamateurisieren sich zwangsfreiwillig und senden unter Praktikantenbedingungen bei einem Internetradio wie ByteFM. Selbstverwirklichung gegen Selbstausbeutung – die Tauschformel der Prekaritätsökonomie. Was die Grimme-Jury in ihrer Eloge verschweigt: Dass die possierlichen „Musikliebhaber“ sich nicht bloß selbst ausbeuten, sondern dass sie unter den gegebenen ökonomischen Bedingungen sämtliche Qualitätsstandards unterschreiten müssen, die bei orthodox ausgestatteten öffentlich-rechtlichen Programmen üblich sind. Von dem Geld, das bei ByteFM in ein aktuelles Zwei-Stunden-Magazin fließt, könnte ein öffentlich-rechtliches Radiofeuilleton keine zwei Minuten senden. Das ist ein weiterer Grund für die Reduzierung der Sendezeit von „Was ist Musik“: die permanente Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit. Wenn eine Sendung ständig unter Zeit/Geld-Druck entstehen muss, dann drückt das die Qualität und damit die Freude an der Arbeit. Dann bleibt mal eine holprige Moderation drin, die man unter anderen Bedingungen noch einmal aufgenommen hätte, ein schiefer Übergang wird nicht noch mal neu produziert, es fehlt die Zeit, einen Mod-Text auszuformulieren, also redet man redundantes Zeug usw usw…die Qualität leidet. ByteFM wiederum, also die Redaktion und Ruben Jonas Schnell, der Gründer des Radios, haben keine Mittel, um unbezahlte Mitarbeiter_innen dazu zu bewegen, eine Sendung evtl. noch mal neu aufzunehmen oder anders zu gestalten. Das sind die Schattenseiten der vom Grimme-Institut gefeierten Musikliebhaberei. Und bitte rede jetzt niemand von der Romantik des Unperfekten oder vom Charme des Dilettierens, beides verbraucht sich schneller als man „Das Beste aus den Achtzigern, den Neunzigern und von heute“ sagen kann.
In der Medienberichterstattung wird immer wieder betont, dass ein Internetradio wie ByteFM im Bereich der Popkultur das leistet, was die gebührenfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen qua Auftrag leisten müssten – aber nur sehr eingeschränkt tun. Ohne eine halbwegs angemessene Finanzierung kann ByteFM das nicht leisten. Die Haupteinnahmequelle ist der Freundeskreis von ByteFM. Für 50 Euro – nicht am Tag, nicht im Monat – im Jahr kann man Mitglied werden und hat so Zugang zum Archiv, kann also Sendungen nach eigener Wahl anhören, wann man will. Dazu gibt es weitere Privilegien wie Verlosungen von Konzertkarten und Ähnliches. Wenn Ihr ByteFM unterstützen wollt, dann werdet Mitglied des Freundeskreises, Ihr könnt auch mehr zahlen als 50 Euro.
Selbstverständlich freuen wir uns auch über begabte Crowdfunderinnen oder Ölmilliardäre, die unser Radio sponsern wollen. Bis diese sich gemeldet haben bleibt „Was ist Musik“ bei einer Stunde Sendezeit, Sonntag 20 bis 21 Uhr, das selbe gilt für „Vierundzwanzig/Sieben – die Woche im Pop“, ab sofort am Montag, 18 bis 19 Uhr.
Diese Sendung heißt Was ist Musik, weil die Antwort darauf ist: alles.
Danke für die Aufmerksamkeit, Klaus Walter

Sendung verpasst? Wiederholung verschlafen? Mitglieder unseres Fördervereins „Freunde von ByteFM“ haben Zugriff  auf unser komplettes Archiv. Sie können dann sämtliche Sendungen per Mausklick starten. Die Sendungen lassen sich beliebig oft abspielen.
Durch Eure Mitgliedschaft im Verein „Freunde von ByteFM“ helft Ihr, ByteFM wirtschaftlich abzusichern, damit wir Euch unser Programm noch lange anbieten können. Und es verbessern können. Die Autorensendungen von ByteFM können nach wie vor nicht honoriert werden, das hat Folgen für die Qualität.
Alle weiteren Infos auf der ByteFM Homepage über die Menüpunkte: ByteFM Archiv oder Freunde von ByteFM
Werbeunterbrechung:
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Hören, aber wie ? ByteFM lässt sich nicht nur am Computer hören. Freistehende Internet Radios, die kabellos via Wlan oder über ein DSL Kabel mit einem Router verbunden sind, lassen sich in der Küche und im Badezimmer positionieren, genau wie das gute alte Radio. Diese Radiogeräte sind schon unter 100 Euro zu haben. Tausende von Sendern sind über diese InternetRadios zu empfangen – natürlich auch das Programm von ByteFM.

Was ist Musik: sonntags 19-20 Uhr Kontakt: wasistmusik[at]byte.fm Schreibt auch an diese Adresse, wenn Ihr den Was ist Musik-Newsletter bekommen wollt. Sorry für doppelsendungen. mail nicht mehr erhalten? antworten mit betreff: austragen



MEIN SOMMERHIT

ist im letzten Winter erschienen auf Jesse Malins Outsiders auf Velvet Elk Records mit dem schönen Titel You Know It´s Dark When Atheists Start To Pray und das Video verstärkt den Soul of New Orleans…



OPTIMAL



WAS IN UNSEREM LAND

zu wenig vertreten ist, sind zweifellos Politiker, die sich auch einmal etwas trauen können, ohne zuerst ihren Vorsitzenden oder die Sekretärin zu fragen. Da ist doch Dr. Maximilian Krah, Beisitzer im Dresdner CDU-Kreisvorstand, eine vorbildliche Ausnahme. Der Mann, der in seiner Freizeit auch als Rechtsanwalt tätig ist, hatte letzten Freitag in München zu tun, wo ihm jedoch nichts passierte, und verbreitete über Twitter um 20h53, als „die Nachrichtenlage und die Hintergründe der Tat völlig unklar“ waren, laut Sächsische Zeitung „in einem inzwischen gelöschten Beitrag“: „Ich bin in München. Das muss der Wendepunkt sein: Die Willkommenskultur ist tödlich. Es geht um unser Land!“

Und wie dankte die Öffentlichkeit dem „fidelen Jurist“ (junge Welt), dass er sich zu einem zweifellos frühen Statement durchzuringen imstande war? Mit einem vollkommen ungerechtfertigten sog. Shitstorm. Auf den Dr. Krah im Interview verständlicherweise so reagierte: „Man hat fast den Eindruck, mein Satz ist schlimmer als der Terror.“

Als ich mir nun die persönliche Seite des 1977 geborenen Katholiken und Vaters von fünf Kindern ansah, bestätigte sich meine Vermutung, dass es sich hier endlich einmal um einen etwas interessanteren Politiker handelt: nicht nur weil er „in Dresden Jura (Dr. iur.) und in London und New York Betriebswirtschaft studiert“ hat, sondern obendrein freimütig bekennt: „interessiert sich für Kunst, Literatur, Philosophie, Theologie, Mode und Politik.“ Jemand wie ich, der manchmal selbst etwas schreibt, kann von derart interessierten Politikern kaum genug bekommen.

Auf seinem hochinteressanten Weblog weiß Dr. Krah außerdem zu diesem schicksalshaften Tag zu berichten: “ Mein Rückflug war für 21:30 Uhr geplant, und zuvor hatte ich mich noch spontan mit dem Schriftsteller Michael Klonovsky im Englischen Garten verabredet.“ Ich muss gestehen, dass ich das etwas neidvoll las – warum gibt es Schriftsteller, die das Glück haben, sich spontan mit einem hochrangigen Politiker zu treffen, während mir das nie gelingt? Obwohl ich naturgemäß nicht alle deutschen Schriftsteller kennen kann, kam mir der Name Klonovsky doch sehr bekannt vor.

Michael Klonovsky war viele Jahre der führende Schriftsteller beim Nachrichtenmagazin Focus, ehe er sich im Mai 2016 nach einer neuen Herausforderung umtat. „Ich bin auf Frau Petry, wie man sagt, zugegangen. So gehört es sich doch auch, oder? Der Herr dient sich der Dame an“, äußerte er sich geschliffen wie immer im taz-Interview und präzisierte: „Ich stelle ihr und der AfD gewissermaßen meinen Kopf zur Verfügung. Im angelsächsischen Raum gibt es für das, was ich tun soll, die Bezeichnung Spin Doctor. Alles Weitere wird sich ergeben.“

Meine Freude darüber ist wohl verständlich, wenn ich sage, dass ich alle seine Bücher (nebst vielen Artikel, die auch im Internetz leicht zu finden sind) mit Begeisterung gelesen habe. Ein Beispiel aus einem seiner Werke mit Notaten und Gedanken zum Tagesgeschehen mag als Begründung genügen. Am 20. August 2012 notierte der politisch engagierte Dichter: „Die Verurteilung war völlig angemessen, aber das Strafmaß, das die russische Justiz wegen schweren Hausfriedensbruchs in der Moskauer Erlöser-Kathedrale über die haarscharf jenseits der Zurechnungsfähigkeit agierenden »Pussy Riot«-Maiden verhängt hat, ist natürlich absurd hoch – ungefähr so absurd hoch wie hierzulande die Strafen für Holocaust-Leugner. Aber jedes Land bestraft eben die Schändung seiner Primärreligion besonders hart.“

Trotz des humorvollen Untertons bei „Primärreligion“ machte mich der neue Posten von Michael Klonovsky doch auch etwas nachdenklich. Denn es ist wohl nicht gewagt, seine sicher nicht leichte Tätigkeit für Frau Frauke Petry und ihre AfD als den berühmten Schleudersitz zu interpretieren, und es erfüllt mich doch etwas mit Sorge, wenn ich mir die naheliegende Frage stelle, auf welche Art dieser talentierte Dichter seinen Kopf dann zur Verfügung stellen könnte. Und damit sind wir, wie so oft, nur äußerst geringfügig vom ursprünglichen Thema abgekommen.



EINE

mediale Fußnote bzw. auch Anregung oder Mahnung, nicht sofort alles mögliche aus so einem Fall zu schließen, irgendwas zu behaupten oder aus zu wenigen Tatsachen zu interpretieren, findet sich in Ines Geipels Buch „Der Amok-Komplex oder die Schule des Tötens“ (Klett-Cotta, 2012), in dem sie u.a. den Amoklauf in Erfurt 2002 rekapituliert und untersucht:

„Die Geschichte von Robert Steinhäuser als isoliertem Einzelgänger jedenfalls ist eine im Nachhinein aufgebaute, offenbar willkommene Legende. Einzelgänger ist er nie, zu keinem Zeitpunkt gewesen.“



JEDE NEUE AUSGABE

dieses so sagenhaft irren wie verstiegenen, liebevoll-bizarren wie sorgfältig gemachten Filmmagazins ist eine Freude. Mindestens ein Tag ist dann gerettet. Nagelneu: SigiGötz-Entertainment – Die achtundzwanzigste Ladung (3, 50 €). Bestellungen hier: http://www.sigigoetz-entertainment.de/

Die von Herausgeber Ulrich Mannes aufgestellte Homepage ermöglicht auch noch ein, natürlich sehr spezielles, komplettes Filmstudium. Ich hatte das Magazin viel zu spät erst vor einem Jahr im leider kurzlebigen Shop von Schamoni Records mitbekommen, und dann wurden einige Beiträge und Interviews zu wichtigen Quellen für meinen neuen Roman, wie man den Quellenangaben entnehmen können wird (ja, ich habe vermutlich den ersten Kriminalroman mit sechs Seiten Quellenangaben verfasst). Hier Infos zu #28 und andere zur Sache, Schätzchen.

„Weder eine drohende Abmahnung, noch ein Auftragsstau in der Druckerei konnte es aufhalten: SGE #28. Was ist darin zu finden? Ein Sixties-Sittenbild über die Zusammenarbeit von J.M. Simmel und Robert Siodmak (Christoph Huber); eine Analyse des Porträtfilms THAT MAN: PETER BERLIN (Rainer Knepperges); ein Bericht über das mehrteilige Komödienprojekt des Berliner Zeughauskinos mit dem Titel Lachende Erben (Viktor Rotthaler); eine Spurensuche in Bochum, dem Zentrum des deutschen psychotronischen Films (Ulrich Mannes); fünfzehn neue Glamour-People, aufgeteilt in ein Girls-Tentett und ein Boys-Quintett (Hans Schifferle); dazwischen ein Mini-Porträt Hannelore Auer und ein Nachruf auf Margit Geissler (Stefan Ertl), ein weiter Nachruf auf dem Kameramann Atze Glanert (Sadi Kantürk), ferner ein Gedenkblatt zu Henry van Lyck und unsere Wall of Compassion. Cover-Girl: Hedi Jobe“

sub-bavaria.de: „Cineastische Zeitschrift aus München, die sich den bizarren und obskuren Seiten der Film-, Fernseh- und Entertainmentgeschichte widmet und in besonderer Weise den deutschen Trashfilm der 70er und 80er Jahre berücksichtigt. „Eine Mischung aus Fanzine und Satirezeitschrift“ (Dr. Erich Lusmann). Unfreiwilliger Pate von SigiGötz-Entertainment (SGE) ist der Fernsehregisseur Sigi Rothemund, der unter dem Pseudonym Siggi Götz unzählige Sex- und Discofilme gedreht hat. Ihre geringfügige Distanz zum Œuvre von Siggi Götz signalisiert die SGE-Redaktion durch den Verzicht auf ein Siggi-„g“ im Titel. Die ständigen Autoren sind Ulrich Mannes (auch Herausgeber) und Stefan Ertl, sowie Rainer Knepperges und Hans Schifferle. Die Zeitschrift existiert seit 2001 und erscheint mindestens zweimal im Jahr. Seit 2007 gibt es einen Internetauftritt.“

Der leider so früh verstorbene große Filmkritiker Michael Althen schrieb in der FAZ dazu: „SigiGötz Entertainment ist also ein Organ für den etwas anderen Geschmack und frönt hemmungslosem Obskurantismus, worin ohnehin die vorrangige Existenzberechtigung für Filmzeitschriften liegt. In jedem Filmfan schlummert schließlich ein Faible für Entlegenes, insbesondere für alles, was zu Jugendzeiten das Herz erfreute.“

Und der anarchistische Poet und Revolutionär Erich Mühsam wusste schon lange vorher, worum´s da nicht selten geht: „Die Männer, welche Wert auf Weiber legen, tun dies leider meist der Leiber wegen.“



WARUM KLAUEN MILLIONÄRE?

Die neue Meldung zu Adele lautet, ob sie wohl einen Roman schreibt, und wir fragen uns, warum sie etwas anderes tun sollte. Eine nicht ganz neue Meldung lautet, dass Adele womöglich bei einem kurdischen Sänger geklaut hat, und Sammy Khamis hat dazu für den Zündfunk vom 20.7. einen weiteren sehr schönen Beitrag gemacht, über westliche Popmillionäre, die wenigstens so cool sind, an entlegenen Stellen einzuklauen, womit schon etwas mehr gemeint ist als 1,8 Sekunden sampeln. Eine Sitte, die dann auch z.B. an Roman-Millionäre erinnert, die nicht damit zufrieden sind, einen Haufen Schotter mit Schrott zu machen, sondern wahre Anerkennung begehren, ein Lob im Zeit-Feuilleton sagen wir mal. Während ich zur Zeit eine andere Spur verfolge: Ist Adele Laurie Blue Adkins die illegitime Tochter von Hasil Adkins? Der Beweis, an dem ich nah dran bin, wie allein schon die Plattencovers zeigen, wird mich nicht reich machen. Aber Aufheitern. # Der Beitrag ab 22’20 zum Nachhören:

http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/zuendfunk108.html

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AN JEDEM 20. JULI

muss ich auch daran denken, dass meine Eltern 1944 an diesem Tag heirateten. Meine Mutter erzählte mir einmal, dass sie an diesem Tag eine riesige Wut auf diesen Hitler gehabt hatte, weil er ihre Hochzeit kaputt machte. Denn kaum hatten sie Ja gesagt, wurde schon der Attentatsversuch gemeldet, und dann drehte sich alles nur noch um Hitler und für die Hochzeit interessierte sich niemand mehr. Und der Urlaub ihres Mannes war anders als geplant sofort wieder beendet. Ich weiß nicht, von welcher Front er kam und wohin er zurückbeordert wurde, weil er nie was Nennenswertes über Krieg und Fronterlebnisse erzählte. Er war in Norwegen, Griechenland und Frankreich. In unserem Hausgang hing ein kleines Ölgemälde mit der Akropolis drauf. Ich weiß nicht genau, was er in diesen Ländern gemacht hat, und ich weiß heute auch nicht, ob ich es jetzt wissen wollen würde. Er war bei der Marine, und ich glaube, sie haben mir schon als Kind den Witz erzählt, dass er nicht schwimmen konnte. Er hat es auch später nie gelernt. Als er schon alt war, wurde ein Neffe (oder die Verlängerung eines Neffen, ich weiß es nicht mehr) des Attentäters von Stauffenberg sein Hausarzt, und ich kann mich erinnern, dass er das mehrmals und immer mit großem Respekt, also für den Attentäter und seine Familie, erzählte, und ich kann mich erinnern, dass mich das etwas verblüfft hat.



PROBLEMZONE LITERATUR UND PROBLEME

Für die neueste Ausgabe hat der Freitag „zehn Personen des öffentlichen Lebens“ gefragt, welche Bücher sie im Urlaub lesen. Die Theaterregisseurin Angela Richter antwortete u.a. dieses: „… mein Gehirn erträgt nur noch Sachbücher. Früher las ich viel Literatur (…) Warum hat das aufgehört? Ich vermute, dass mein Gehirn keine Lust mehr hat, sich mit Problemen zu befassen, die von Schriftstellern ausgedacht wurden, egal wie gut geschrieben sie sind.“

Das ist nicht nur respektabel und interessant, sondern zeigt ein herausragend naives Kunstverständnis. Und davon abgesehen, habe ich in meinem Leben noch keinen großen Autor gelesen bzw. kennengelernt, der irgendein Problem erfunden hätte. Frage mich jetzt natürlich wie so oft, ob ich immer der falschen Literatur zugeneigt war und ob ich immer die falschen Autoren kennengelernt und mich, und da wird´s richtig schlimm, vielleicht sogar mit ihnen angefreundet habe.



LANGWEILIGER NACHMITTAG FÜR ROCKFORD

von Knarf Rellöms Album Fehler Is King ist einer der komischsten Tracks der tanzbaren Krautrockgeschichte, könnte man sagen, mit dem „Text“ von Alfred Hilsberg. Den Clip haben wir anlässlich einer Veranstaltung zur Hilsberg-Biografie von Christof Meueler erstellt. Ein tanzbares Museum ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

https://www.youtube.com/watch?v=R25IWsSNzew&feature=youtu.be