RY COODER (4)
Von Franz Dobler | 7. November 2012 | Kategorie: Musik | Kommentare deaktiviert für RY COODER (4)„Great victory against bad people!“
„Great victory against bad people!“
heute ist einer mit einer guten Nachricht.
Und hier kein Outtake, aber ein toller Film:
Thema:unglaubliche Outtakes. Hier einer von Nils. Auf keiner Platte.
Frage an Townes van Zandt: Worum gehts in Pancho and Lefty?
Antwort: Er wisse es selbst nicht.
Ja. Man weiß es selbst nicht. Man macht es. Weiß es aber selbst nicht – nicht genau jedenfalls. Oder kann es nicht genau ausdrücken, also nicht noch genauer.
Und will nicht. Wozu auch.
Du machst es und hast es gemacht. Und hast es nichtmal ganz genau, bis zum Letzten, entdecken können.
Weil es nicht geht.
So läuft das.
So ist das.
Alles andere ist Spielgeld.
„…you will be saved by Rock´n´Roll“, hat jemand ins Kondolenzbuch für Nils Koppruch geschrieben. Und ich will hoffen, dass es so ist.
Die Ausstellung „Rock´n´Roll Fever“ mit den Bildern von Guido Sieber wird, inzwischen (nach Frankfurt, Kassel, Berlin) zum 4. Mal, am 22. November in Schwerin eröffnet. Aus unserem bei Edel erschienenen Katalog hier der Text zu Washboard Sam, der am 6. November 1966 die Welt, die wir nicht kannten, verlassen hat:
„WASHBOARD SAM (Abb. 4) montierte den Teller eines Plattenspielers auf sein Waschbrett, um mehr Sound und Power zu haben. Im Chicago der 30er-Jahre wurde er zum beliebtesten Schrubber, nachdem er, wie üblich, die Ausbildung auf der Straße abgeleistet hatte. Seine jazzy pulsierenden Aufnahmen, die er auch als „Ham Gravey“ oder „Shufflin´Sam“ veröffentlichte, wurden mit Gitarre, Klavier, Klarinette verstärkt und waren erfolgreiche Vorläufer des heftiger werdenden Chicago Blues der 40er, in dessen elektrischem Trubel er nicht mehr mitmischte.
Eine frühe Blues-Karriere mit versöhnlichem Ausgang: Robert Brown alias >Sam machte bis 1947 Aufnahmen. Dann gab er die Musik auf und wurde in Chicago Polizist. Er führt mit seiner Familie ein ruhiges Leben im Süden der Stadt<, schreibt Samuel B. Charters, der vielleicht beim Schreiben so gerührt war, dass er ein paar spätere Aufnahmen zu erwähnen vergaß, ebenso das kleine Comeback, das den Cop sogar nach Europa führte, kurz vor seinem Tod 1966.“
hat den Song „Eckensteher“ über die Melodie eines alten Hamburger Volkslieds von Ludwig Wolf für das Trikont-Album „return of the TÜDELBAND (inspired by Gebrüder Wolf)“ geschrieben und mit seiner Band Fink eingespielt:
ECKENSTEHER
Mit den Eckenstehern steh ich in den Ecken rum / Und wir warten drauf dass irgendwas geschieht / Und wenn endlich was passiert stoßen wir uns an / Weil wir wussten dass sich irgendwas ergibt / Und wir wissen auch genau dass es so weiter geht / Wenn nicht irgendwann mal irgendeiner sagt / Lasst uns eine Ecke weiter gehen / Irgendwann komm´n die andern nach
Jo ne, doch, ne ich sag mal so / Mann muss ja sowieso / Irgendwann mal weg von hier / Und warum dann nicht jetzt schon
Und ich denk an all die Ecken wenn´s zu Ende geht / An all die Ecke wo ich schon mal stand / Und ich denk an all die Straßen die ich runter ging / Und all die neuen Ecken die ich dann noch fand / Und jetzt wart ich noch auf meinen letzten Atemzug / Und dass ich noch zum letzten Male sag / Lass uns eine Ecke weiter gehen / Irgendwann komm´n die andern nach
Jo ne, doch, ne ich sag mal so / Man muss ja sowieso / Irgendwann mal weg von hier / Und warum dann nicht jetzt schon.
***
Außerdem von Fink auf dem Album (US-0313, 2003) eine Coverversion des Ludwig Wolf-Schlagers „snuten un poten“. Ebenfalls als Originalveröffentlichung von Nils (unter dem Bandnamen Mann ohne Schmerzen, mit Andreas Voss) erschien auf dem Trikont-Album „a boy named sue – Johnny Cash revisited“ 2002 ein Cover von „Big River“ (er sang englisch). (Die Songs von Fink bzw. Nils Koppruch auf den Compilationen Perlen Deutschsprachiger Popmusik Vol. 2 und 4 waren Auskopplungen von den Alben).
Hier die Diskographie der Alben mit Fink, Solo und Kid Kopphausen:
SIEH MICH MAL AN
So viel Schnee liegt jetzt draußen wie damals, als ich Nils mit der Band zum ersten Mal traf, nach der Vogelbeobachtung im Winter. Wir redeten was, aber vom Maler Sam hat mir Nils nichts erzählt. Sam kannte ich länger als Nils, aus verschiedenen Wohnungen in Hamburg. Die Schiffe im Hamburger Hafen und ein Gesicht und ein Tier. Ich erkannte seine Sachen immer sofort. Ich fragte mich, ob die Sonne da scheint. Irgendwann kamen wir auf die Verbindung.
Das Einfache gefällt mir, und dann die Frage, ob es wirklich so einfach ist, wenn man es länger ansieht, aber frag mich nicht, lass mich allein, ich kann dir nichts erzählen.
Wenn ich anderen Künstlern von Sam und den Bildern erzähle, die nicht so teuer wie möglich sein sollen und dann wenn möglich immer noch teurer, sondern zu kaufen auch mal für Leute, die sonst keine Kunst kaufen können, dann sind sie verständnislos oder finden es irgendwie komisch im Sinn von ganz lustig, als wäre es billig, wenn es mal nicht so teuer ist, und ich verstehe sie auch wieder nicht. Die anderen sehen es anders, sie mögen den Fisch in der Wohnung, das Mädchen mit der Handtasche, ein Straßennetz. Ich freue mich immer, wenn ich einen Sam in einer Wohnung sehe. Und man sieht einen Sam in einer Wohnung und weiß, dass man dann auch Nils hören kann. Ich beendete eine Tour in Hamburg, hatte ein Bündel Scheine in der Tasche und besuchte ihn im Atelier. Die Schaufensterscheibe gefiel mir. Ich kaufte den Diskjockey. Die Nacht davor lag ich wach und hab gefroren. Ich übertrug dem Diskjockey alle dummen Geschichten und trug ihn durch den Zug. Ich dachte, das ist der Junge von dem Liebespaar, das bei meiner Frau im Zimmer hängt, ich war mir nicht sicher.
Das Einfache gefällt mir, und dann die Frage, ob es wirklich so einfach ist, wenn man es länger ansieht, aber frag mich nicht, lass mich allein, ich kann dir nichts erzählen.
Wir saßen hinten im Bus und erzählten uns Geschichten. Mein Vater war bei der Polizei. Mein Vater war bei der Eisenbahn. Ich hab mal ein Bild geklaut. Ich hab mal ein paar Worte geklaut. Ich hab keinen Plan. Ich hab keinen Anschluss. Hier kannst du mich finden, wenn du mich suchst. Die nächste Stadt war auch nicht schlechter und in der nächsten war ich wieder allein. Hinter den toten Gleisen und der menschenleeren Industrie ging ich in den Wagenmeister und entdeckte im Gastraum einige Sambilder. Die Frau mit der Zigarette tat es mir an. Warum bist du hier und wohin wirst du gehn, irgendwo hab ich dich schon gesehn. Ich schrieb auf ein Blatt, was sie mir alles erzählte und auch, was sie mir verschwieg. Dass sie beim Ficken besonders gern oben ist, wenn sie eine Zigarette im Mund hat, erzählte sie, und wie sich das anfühlt, verschwieg sie.
Das Einfache gefällt mir, und dann die Frage, ob es wirklich so einfach ist, wenn man es länger ansieht, aber frag mich nicht, lass mich allein, ich kann dir nichts erzählen.
Neun Winter später pinkle ich es in den Schnee. Ein Vogel beobachtet mich, ich bin in Gefahr, es muss schnell gehen, es geht ganz schnell. I (Herz) Sam.
(In: Sam. Nils Koppruch: Dilettant. Hamburg, 2006)
kurz vor seinem Tod im TV:
Ich hab keine Worte zum Tod von Nils. Aber die von Tino Hanekamp sind gut – danke:
http://www.intro.de/news/newsfeatures/23069516?current_page=1
Und hier das gerade fertig gewordene neue Video zur Kid Kopphausen-Platte:
http://www.youtube.com/watch?v=sb8Hvz8bjas&feature=share&list=UUlKQiLHypOvfndhDtnBJMNg
R.I.P. (1965-10.10.2012)