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WITZ MAL WIEDER

Ich bin ja nun doch nicht der einzige unter den seriösen Autoren, der aus der manchmal schon etwas dubiosen Branche der Witzproduzenten seinen Lauf nahm. Nicht weniger offensiv geht Kollege Jaromir Konecny mit seiner harten tschechischen Unterhaltungsvergangenheit um. Man lese seine Werke, aber auch seinen Newsletter. Im letzten fand sich dieses „Stück“ (wie man das inzwischen unter Avantgarde-Journalisten nennt):

Eine  Prinzessin möchte heiraten. Damit sie aber den richtigen Prinzen auswählt, will  sie mit ihm im Mondschein durch den Schlosspark spazieren. Das Problem dabei ist, dass sie vom Spaziergang immer allein zurückkehrt. Vom Prinzen keine Spur.  Das spricht sich schnell herum und keine Prinzen halten mehr um ihre Hand an.  Der verzweifelte König lässt ausrufen, dass derjenige die Hand der Prinzessin  und eine Hälfte des Königreichs bekommt, der vom Spaziergang mit der Prinzessin  lebendig und gesund zurückkehrt. Nur der dumme Hans meldet  sich.

So  spaziert Hans mit der Prinzessin durch den Schlosspark, bis sie bei einem See  anlangen, in dem hungrige Krokodile leben. Die Prinzessin zieht ihren Goldring  runter, wirft ihn ins Wasser und sagt zu Hans: „Hol ihn raus!“ Hans holt ihn  raus. Die Prinzessin lächelt verzückt.„Na, siehst du!“, sagt sie. „Und die  anderen Idioten sind hinein gesprungen!“

Alle Details bei: http://www.jaromir-konecny.de/index.htm



MENSCHEN IM ZUG

Neben mir im Zug nach Hamburg sitzt eine Frau mit ihren Kindern, das Mädchen etwa acht, der Junge fünf. Sie waren die ganze Zeit am Essen oder Spielen und sehr friedlich dabei.

Seit ein paar Minuten versucht die Mutter Verständnis für ihre Idee zu bekommen, dass sie eine Stunde Schlaf gebrauchen könnte. Klappt natürlich nicht, sowas klappt nie. Trotzdem bleibt alles friedlich, und das ist eher die Ausnahme.

So Leute können aussehen, wie sie wollen, essen, was sie wollen und spielen, was sie wollen – ich habe immer großen Respekt vor ihnen.

(1994)



AUTORENVIDEOS

Wenn unser Haus abgebrannt, die Frau abgehauen, der Hund verendet ist und wir uns den Rest geben wollen, dann schauen wir uns mal wieder einen Stapel Autorenvideos an.

Es gibt jedoch einige weeenige, die wir bei schlechter Laune dringend empfehlen. Unser alter Gefährte, der Autor und Society-Philosoph Jan Off hat sich so eins erstellen lassen:

http://www.youtube.com/watch?v=YRgX6kdCG_8

Regie: Lucja Romanowska

Am Schreibtisch: Society-Philosoph Jan Off bei der Arbeit an seinem soeben erschienenen Roman „Happy Endstadium“

Foto: http://www.motelnirwana.org/#!__site/events-photos/photostackergallery4=46

 



TOPCOVERS DER WELT Nr.98

(Wir bereuen, dass wir einst geschworen haben, an einem Sonntag keine Kommentare abzugeben.)



MARTIN BÜSSER

starb vor zwei Jahren, einer unserer wenigen tollen Schreiber und Denker über Musik und Popkultur – durchaus passend, dass ich im Moment Ella Guru von Cpt Beefheart höre – und, hier wohl angebracht zu sagen: „viel zu früh“, mit verdammten knapp über 40 Jahren.

Wäre nett, wenn er mir hier in meinem Hotelzimmer am Berliner Hauptbahnhof Gesellschaft leisten würde. Die Flasche American Straight Ranch Wood Bourbon Whiskey ist fast zuviel für mich. Da wäre der Beistand von so einem guten Geist willkommen.

Genug der Intimitäten, die unter uns Facebookers bleiben – wer´s nicht kennt, möge reingehen:

http://www.ventil-verlag.de/autor.php?uid=9&sid=abab88bc40fd0901de806cfbc27caf47



TOPCOVERS DER WELT Nr.99

Teufelswerk

 



HOTLIST 2012

Ein neuer Bücherherbst bricht wieder einmal an! Und er ist spannender als die alten! Und als Höhepunkt die Frage, wer von der neuen Hotlist was reißen wird. Tschuldigense, wenn ich Sie in diesen nervenzerfetzenden Stunden mit meiner persönlichen Hotlist 2012 langweile. Weil, zugegeben, die Kandidaten und ihre Bücher ausnahmslos schon von den Literaturfeuilletons bis runter nach Passau totgeritten wurden. Aber das ist eben mein Geschmack (zu dem ich auch stehe). Wenn mir Prof. Dr. Marschmeyer eine Million gibt, muss er sich wegen der Verteilung(*) und wegen den Medien keine Sorgen machen. Und jetzt in alphabetischer Reihenfolge:

COLTELLO, HF: Einige Abenteuer und seltsame Begegnungen im Leben des stillen Kommandeurs. Salis Verlag

DROSTE, Wiglaf: Sprichst du noch oder kommunizierst du schon? Edition Tiamat

DUBBE, Daniel: Underground oder Die Bewährung. Maro Verlag

GOETTLE, Gabriele: Der Augenblick. Kunstmann Verlag

NIEDERMANN, Andreas: Goldene Tage. Songdog Verlag

NIVEN, John: Music from Big Pink. Heyne Hardcore Verlag

OFF, Jan: Happy Endstadium. Ventil Verlag

OSWALD, Georg M.: Unter Feinden. Piper Verlag

PÉLIEU-WASHBURN, Claude: Störgeräusche vom Telegraphendraht. Verlag Peter Engstler

PLOOG, Jürgen: Unterwegssein ist alles – Tagebuch Berlin-New York. [SIC]-Literaturverlag

POPOVIC, Edo: Tattoogeschichten. Verlag Voland&Quist

RAMADAN, Jasmin: Das Schwein unter den Fischen. Tropen/Klett-Cotta Verlag

RAMONE, Dee Dee: Chelsea Horror Hotel. Milena Verlag

SALLIS, James: Driver 2. Liebeskind Verlag

STRICKER, Tiny: Ein Mercedes für Täbris. Maro Verlag

THOMPSON, Jim: In die finstere Nacht. Heyne Hardcore Verlag

WERNING, Heiko: Schlimme Nächte. Edition Tiamat

(*) Nur einen kleinen Teil der Summe hielte ich mich für berechtigt für mich zu behalten, da mich diese Autoren physisch und psychisch bei meiner Arbeit behindert haben.



EINE (ECHTE!) PIRATIN

In den größeren Städten fand er im Bahnhof immer ein Buch, das ihn eine Weile begleiten sollte, und in der nahen Umgebung meistens einen Gebrauchtwaren-Importexport-Schuppen, in dem er was zu lesen fand, das aus dem Neuwarenangebot schon lange verschwunden war und ihn so reizte, wie ihn auch eine Kalaschnikow von 1947 gereizt hätte.

In Leipzig zog er aus einer Kiste, die unter einem Arsenal sensationeller Wassergewehre auf dem Boden stand, Piratin Fu heraus, die schon einiges mitgemacht hatte, seit sie von Robert H. Sperling auf die deutsch lesende Menschheit losgelassen worden war. Gisela Kopp hatte gleich auf die erste Seite der Lizenzausgabe für die Mitglieder der Stuttgarter Hausbücherei schwungvoll groß ihren Namen geschrieben. In der Hocke las er die ersten Zeilen.

Ich bin Fu, die Tigerin. Meine Landsleute sagen, ich hätte tausend Männer getötet. Das ist weit übertrieben. Trotzdem erheben sich alle Fischer im Perlflußdelta, wenn ich an Bord komme. Mit meinen sechsundzwanzig Jahren habe ich noch keine chinesische Frau gesehen, vor der Männer aufstehen. Ich meine gelbe, schlaue und mutvolle Männer, die zwischen Wasser und Himmel zu leben gewohnt sind. Warum ich diesen Bericht schreibe? Weil ich Silberdollars brauche – und zugleich jemanden mit diesen Seiten an den Galgen bringen will. Heilige Hölle, war das vielleicht kein Anfang? Er hatte in seinem Koffer nichtmal Platz für ein Gramm Heroin und er hatte das fast immer verfügbare weltweite Netz dabei, in dem er sich zu Tode surfen, lesen oder schauen konnte. Aber er fühlte sich besser, wenn er auch was dabei hatte, das er in die Hand nehmen konnte. Außerdem war die Piratin Fu sicher viel zu schlau, um sich im Netz mit derartigen Bekenntnissen zu präsentieren. Eines der Fotos zeigte die lachende Kriegerin, die sich auch als Luxuscallgirl tarnen konnte.

Jedes Buch 50 Cent, sagte der Ladenbesitzer, und wenn du zehn nimmst, eins umsonst. Er fand heraus, dass er es mit  1500 Prozent Gewinn verkaufen konnte. Was ihn aufgrund seiner Wohnsituation hundertprozentig überfordert hätte. Ihre Liaison hielt nur vier Tage. Dann musste er Piratin Fu in einem Zug liegen lassen. Sie lag lieber in einem Zug als in einem Hotel. Das war sicher.



GRAM PARSONS

starb heute vor 39 Jahren. Für den Band SZ-Diskothek 1974 schrieb ich dies über ihn:

In My Hour Of Darkness

Das Leben des Gram Parsons war kurz, heftig, tragisch. Ein düsteres und durchgeknalltes Rock’n’Roll-Märchen: mit dem genialen Künstler und vielen Drogen, mit geerbten Millionen und einem gestohlenen Sarg.

Gram Parsons lebte nicht mehr, als im Januar 1974 sein zweites Solo-Album „Grievous Angel“ erschien; dieser verletzte, kaputte, traurige Engel, das        war er selbst. Nach den Aufnahmen in Hollywood fuhr Parsons mit Freunden zu seinem besonderen Ort im Joshua Tree Nationalpark, um auszuruhen, umgeben von Wüste und Felsen. Dort starb er am 19. September 1973 mit 26 Jahren in einem Motelzimmer an einer Überdosis verschiedener Drogen.  Seinem chaotischen Leben hatte er ein schmales Werk abgerungen, in dem es nicht einen kleinen Hit gab; auch das letzte Album war trotz diesem Tod und seiner irren Geschichte danach ein Misserfolg. Von den vier Platten mit anderen Bands schaffte es eine in den unteren Bereich der Top-100-Charts. Nur eine kleine Szene wusste, dass dieses unzuverlässig-unproduktive Genie ein bedeutendes Werk geschaffen hatte.

Wenige Jahre später wurde jede Produktion, die Parsons geprägt hatte, als Meilenstein gefeiert, er selbst als Pionier der Verbindung Country und Rock, als Erneuerer beider Genres. 1946 in Winter Haven, Florida, geboren, arbeitete er sich als Teenager schnellstens mit diversen Bands durch den Rock’n’Roll- und Folk-Rock-Katalog. Im Hintergrund seiner frühen Drogensucht: eine von Selbstmord und Alkohol zerstörte Familie und ihre mit Orangen-Plantagen angehäuften Millionen, die er als schlechte Basis für einen Country-Rocker betrachtete. In Los Angeles bekam seine International Submarine Band 1967 einen Vertrag bei Lee Hazelwoods Label, Parsons innovative „Cosmic American Music“ wurde von den Stars der L.A.-Szene bewundert.

Die Geschichte von Genie und Desaster konnte beginnen. Als die erste Country-Rock-Platte aller Zeiten erschien, gab’s die Band nicht mehr. Parsons war zu den Byrds gesprungen; angeheuert als Klavierspieler, setzte sich der Sänger-Gitarrist mit seiner Sound-Vision durch. Die fertigen Aufnahmen wurden von Hazelwood gestoppt, Parsons war bei ihm unter Vertrag und deshalb erschien 1968 „seine“ Byrds-Platte „Sweetheart Of The Rodeo“ (mit einer Ausnahme) ohne seinen Gesang. Weil er nicht im rassistischen Süd-Afrika spielen wollte (oder wegen seiner panischen Flugangst), verließ er die Band. Nach „seiner“ großartigen ersten LP mit den Flying Burrito Brothers wurde er wegen unkontrollierbarem Drogenkonsum gefeuert. Den Rolling Stones erteilte er Country-Lektionen, die auf ihren Platten dieser Jahre Spuren hinterließen; sein Freund Keith Richards wollte seine Solo-LP produzieren, aber selbst dieser Junkie schreckte dann vor dem Junkie Parsons zurück. Und: so weiter.

Dass er mit „GP“ (1973) und dem letzten Album seine Vollendung erreichte, lag auch daran: er arbeitete mit hochverehrten Musikern aus Elvis´ Live-Band und wollte sich vor ihnen keine Blöße geben; und mit seiner Duett-Sängerin, der damals unbekannten Emmylou Harris, verband ihn eine geradezu magische (musikalische) Beziehung. Mit ihr schrieb er seinen letzten Song, das Gebet „In My Hour Of Darkness“, eine Erinnerung an drei verstorbene Freunde. Bei der Beerdigung von Clarence White (von dem die zweite Strophe erzählt) hatte ihn das kirchliche Zeremoniell (angeblich) abgestoßen und er forderte von seinem Roadmanager das Versprechen, ihn eines Tages vor sowas zu bewahren. Und deshalb klaute der Freund den Sarg von Parsons am Flughafen, fuhr ihn zurück nach Joshua Tree und versuchte die Leiche zu verbrennen. Man weiß, es war eine eher dumpfe Aktion. Im Gegensatz zur puren Schönheit von Gram Parsons´ Musik.

 



TOPCOVERS DER WELT Nr.100

Wir haben viele Zuschriften bekommen, das sei doch sicher mal wieder nur so´n verdammter Fake.

Ja. Aber wir machen hier keine Fakes. Mit gar nichts.

Ja. Null. Scheiß auf beschissene Fakes.

Ja. Nicht bei uns. Nie.

Ja. So wahr uns Gott helfe. Oder wer auch immer.

Ja. Wir rufen die alle an. Wir lieben die alle.

Ja. Je mehr, desto besser. Basta. Hier ist die Nr. 100!