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AUS DEM TAGEBUCH EINES ÜBEREIFRIGEN MUSIKSTUDENTEN (27)

Unter den Gedichten, die ich in über vierzig Jahren zu schreiben gewagt habe, sind schon einige, in denen irgendwas mit Musik vorkommt (wobytheway ich das Wortspiel mit musick noch nie eingesetzt habe, weil vergessen oder zu platt, ich weiß es nicht),  aber dieses war bisher nicht dabei:

* MÄNNER AM PLATTEN *

Gestern schreibt einer habe er

sensationell bei seinem Secondhandler

Ascension von Coltrane

gefunden und gekauft

und bekommt sofort

als erste Antwort die Frage

wieviel haste denn dafür bezahlt?

+++



DAS „MICHEL-SYNDROM“

„»Der Osten macht’s!« und »Der Osten steht auf« – das waren die Hauptparolen der AfD in den zurückliegenden Landtagswahlkämpfen in Thüringen und Sachsen. Der Erfolg dieser Agitation war schlagend, ein Musterbeispiel dafür, wie Identitätspolitik funktioniert: als Appell ans kollektive Ressentiment, der jede Sachfrage von Infrastruktur- und Sozialpolitik (…) nahezu komplett vom Tisch wischte. (…) Das spezifische Element des Rebellischen des im heutigen Ostdeutschland deutlich weiter als in Westdeutschland verbreiteten Autoritarismus ist damit noch nicht recht erfasst; ein Element, das

Wolfgang Pohrt 1990 bereits als »Michel-Syndrom« definierte:

Dieser Typus »fühlt sich aller von ihm selber ausgeübten Brutalität zum Trotz doch immer als der deutsche Michel, den die ganze Welt übers Ohr haut und aufs Kreuz legt« und »der ungefähr folgendes zu Protokoll geben würde, wenn er reden könnte: Allen geht es besser als mir, und das liegt nur daran, daß ich zu anständig und zu gutmütig bin. Mein Leben lang wurde ich eigentlich betrogen, übervorteilt, hintergangen und verkannt. Stets wurde mir vorenthalten, was mir zusteht. Weil ich immer zu kurz kam und nie auf meine Kosten, bin ich gekränkt und beleidigt. Ich verspüre Nachholbedarf und besitze Anspruch auf Wiedergutmachung, die Welt schuldet mir was.«““

Auszug aus dem Essay „Antipolitik für Zurückgebliebene“ von Uli Krug in der seit heute erhältlichen neuen Ausgabe der Jungle World: https://jungle.world/inhalt/2024/38



SEIT HEUTE GIBT ES

in Mainz eine Martin-Büsser-Straße. Das ist ja ´n Ding!, kann man sagen, und man kann auch sagen, dass es sowas in der Ostzone jetzt aber nicht gegeben hätte, aber da wird´s ja dafür dann auch was anderes geben.



VIELLEICHT HÄTTE DIESES ANGEBOT

von den Hamas-Terroristen angenommen werden sollen… Warum das schon ziemlich unglaubliche Angebot Israels nicht mit größter Reichweite durch die Medien ging, entzieht sich meiner Kenntnis, auch fake-news-Meldungen sehe ich nicht. Hier die n-tv-Meldung vom 11.9.:

„Angesichts stockender Verhandlungen für eine Waffenruhe und einen Geisel-Deal macht Israel der Terrororganisation Hamas ein Angebot zur sicheren Ausreise ihres Anführers Jihia al-Sinwar aus dem Gazastreifen. „Ich bin bereit, Sinwar, seiner Familie und jedem, der sich ihm anschließen möchte, einen sicheren Korridor zu ermöglichen“, sagte Israels für die Geiseln und Vermissten zuständige Brigadegeneral Gal Hirsch in einem Interview des Finanzdienstes Bloomberg. „Wir wollen die Geiseln zurück. Wir wollen Entmilitarisierung, Entradikalisierung und natürlich – ein neues System zur Verwaltung von Gaza“, sagte Hirsch.“

https://www.n-tv.de/der_tag/Geiseldeal-Israel-bietet-Hamas-Fuehrer-al-Sinwar-freies-Geleit-aus-Gazastreifen-article25218984.html

Als Ergänzung ein langer Kommentar von Leon de Winter über al-Sinwar und die Gesamtsituation:

https://www.nzz.ch/feuilleton/israels-dilemma-gegenueber-dem-absoluten-boesen-den-humanismus-zu-bewahren-ld.1846863

Auszug: „Wenn es Tote unter Zivilisten gibt, schiebt die Welt nicht Sinwar und seiner Mörderclique die Schuld zu, sondern Israel. Er weiss, wie die Welt auf Todesopfer reagiert, die von Juden verursacht werden. Und die Juden nehmen die Vorwürfe ernst. Sie entwickeln Kampfmethoden, um die Gefahr ziviler Opfer im Gazastreifen, die Terroristen beschützen, zu minimieren, aber im Chaos des Kriegsgeschehens kommt es dennoch zu unzähligen Todesfällen unter Zivilisten.“



SIND HIER ANTISEMITISTEN?

ist der Titel einer Anthologie gegen den Hass und Terror der Hamas-Faschisten und ihre Verbündeten und Fans. Ich bin stolz darauf, mit meinem Gedicht „Gegen den Hass nicht mehr drin“ dabei zu sein. Mit Jess Jochimsen, Dana von Suffrin, Elke Wittich, Bov Bjerg, Danny Dziuk, Stefanie Sargnagel, Peter Wawerzinek, Markus Liske, Hartmut El Kurdi, Alexander Estis, Katharina Greve, Thomas Gsella, Til Mette, Susanne M. Riedel,  Ella Carina Werner uva (siehe unten).

80 Satiren, Essays, Gedichte, Geschichten und Cartoons gegen den Hass. Hrsg. von Lea Streisand, Heiko Werning, Michael Bittner im Satyr Verlag. Hardcover 384 S., 26.- (bei Verlagsbestellung incl. Zusendung)

https://www.shoptyr.de/Streisand-Bittner-Werning-Sind-Antisemitisten-anwesend

„Wenn sich die Menschheit schon auf sonst nichts einigen kann, so doch jederzeit darauf, dass an allem immer die Juden schuld sind, selbst am 7. Oktober 2023. Linke und Rechte, Migrationshintergründler und Kartoffeln, Islamisten und Queere, Neonazis, Berufszonis und Dekolonialist*innen stimmen in den schrägen Gesang mit ein.

Doch solche Misstöne bleiben nicht unwidersprochen! Dank einer großzügigen Spende der Weisen von Zion und der Bill-Gates-Foundation haben sich die scharfsinnigsten und komischsten unter den jüdischen und nicht-jüdischen Autor*innen versammelt, um dem neuen und alten Antisemitismus die Stirn zu bieten. Denn gegen den Hass hilft Lachen, und sei es auch manchmal ein bitteres.“

Vollständige Liste aller Mitwirkenden:
Ahne, Ramona Ambs, Mareike Barmeyer, Christian Bartel, Katja Berlin, Michael Bittner, Bov Bjerg, Annika Blanke, Samy Challah, Henning Christiansen, Danny Dziuk, Franz Dobler, Fritz Eckenga, Hartmut El Kurdi, Alexander Estis, Jan Feddersen, Leo Fischer, Flix, Stefan Gärtner, Katharina Greve, Thomas Gsella, Olaf Guercke, Teresa Habild, Hauck & Bauer, Franziska Hauser, Uli Hannemann, Ruth Hebler, André Herzberg, Björn Högsdal, Roman Israel, Jess Jochimsen, Dimitrij Kapitelman, Karsten Krampitz, Christian Kreis, Andreas »Spider« Krenzke, Björn Kuhligk, Ariane Lemme, Charles Lewinsky, Fabian Lichter, Markus Liske, Clint Lukas, Julia Mateus, Manfred Maurenbrecher, Til Mette, Anselm Neft, Rattelschneck, Jessica Ramczik, Susanne M. Riedel, Leo Riegel, Michael Ringel, Stefanie Sargnagel, Bettina Schipping, Richard Schuberth, Lea Streisand, Klaus Stuttmann, Dana von Suffrin, Volker Surmann, Mark-Stefan Tietze, Bodo Wartke, Peter Wawerzinek, Benjamin Weissinger, Ella Carina Werner, Heiko Werning, Elke Wittich, Harriet Wolff, Tim Wolff, Miriam Wurster, Erica Zingher



IN BRANDENBURG BRAUCHEN SIE

Unterstützung gegen die AfD-Faschos, deren Kulturkampf verstärkt auch gegen die Vereine gerichtet ist, die (wie überall) vor allem auf dem Land unverzichtbar sind. Gegen die AfD hat sich die „Satzungsfreiheit“ gebildet und eine Petition gestartet (Links unten):

„Vor wenigen Tagen hat die AfD im Brandenburger Landtag gefordert, die Gemeinnützigkeit von Vereinen politisch zu überprüfen. In einem Antrag fordert sie die Landesregierung auf

„. . . sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, die Abgabenordnung so zu ändern, dass allen Vereinen, die sich in ihrem Vereinszweck auf Vielfalt berufen, die Gemeinnützigkeit aberkannt werden kann.“

Noch nie hat eine politische Partei in Deutschland so unverfroren in die Satzungsfreiheit von Vereinen eingegriffen. Vereinssziel und Vereinszweck sollen nach dem Willen der AfD ihren politischen Vorstellungen entsprechen. Wir ehrenamtliche Vereinsmitglieder unterschiedlicher Vereine aus Brandenburg wollen in unseren Vereinen keine Einmischung und Bevormundung durch politische Parteien.“

Alle Details hier: https://satzungsfreiheit.de/

Petition hier: https://www.change.org/p/brandenburger-vereinsmitglieder-gegen-einmischung-durch-die-afd?



ECHOKAMMER VOL 100 FEIER

Das Münchner Label Echokammer, die Zentrale für The Sound of Munich Underground, feiert nach 24 Jahren seine 100. Veröffentlichung mit einer Doppel-LP (für die ich die Ehre hatte, Liner Notes beizusteuern) – und feiert live im Giesinger Bahnhof am 20.9. ab 19 Uhr: „22 Echokammer Bands spielen live je 1 Song“ (*)

Auszug aus meinem Jubiläumstext: Was unheimlich Bizarres passierte mir, als ich jetzt die 100 Echokammer-Teile (und damit einen erheblichen Teil meines Musiklebens) durchcheckte und plötzlich dachte: „Deutschland. Aber normal.“ Dieser Slogan der Neonazis ballerte mir in den Kopf. Verdammt fuck you, fluchte ich, kann man denn nicht mal mehr in Ruhe dieses Jubiläum feiern! Warum hat mich dieser so blöde wie feindselige Spruch angefallen wie ein Kampfhund? Weil aus der Echokammer die Tracks & Songs & Sounds kommen, die diese „Aber normal“-Germanen verachten und, wenn sie könnten, verbieten würden. Sie hassen die Lebensmittel, die uns die Echokammer liefert: das Unberechenbare-Unerwartete-Unfassbare, und das alle möglichen Grenzen Einreißende, und das Traditionen Durchleuchtende und Zerlegende, und das über angebliche Normen Lachende, und nicht zu vergessen diese Experimente, die sich sogar bis in Gelände vorwagen, in die vielleicht kaum noch jemand mitgeht, was man ja aber nicht wissen kann, wenn man´s nicht riskiert. Die Freiheit der Kunst wird nicht nur mit klaren Worten zu schönen Pianoklängen verteidigt.

(*) Aus gut unterrichteteten Kreisen habe ich erfahren, dass für jede Band eine eigene Arena aufgebaut wird, die nach dem Song sofort wieder abgebaut wird.



DEMOKRATISCHE NOTLAGE

ist der Titel des Kommentars zu den Wahlen im Osten, verfasst von Verbrecher Verlag-Autor Markus Liske und so lesenswert wie aufschlussreich wie alle seine Polit-Kommentare:

https://jungle.world/artikel/2024/36/erfolge-afd-bsw-landtagswahlen-demokratische-notlage?



WIE DANN GEFEIERT WURDE

bei der AfD-Party in Thüringen nach dem Wahlsieg berichtet MDR-„Altpapier“ unter dem Titel „Ein bisschen Sylt in Erfurt“ (und natürlich ist man kein Nazi, nur weil man so´n Liedchen singt, man wird ja wohl noch…):

„Was passierte denn nun eigentlich auf der Wahlparty der AfD Thüringen, bei der keine Journalisten zugelassen waren? Weil man die Geistesbrüder von „Compact“ dann doch rein ließ (sind ja auch keine Journalisten, LOL), kamen über Umwege Bilder in Umlauf, auf denen zu sehen und zu hören ist, wie sich Besucher mit „Döp-dö-dö-dö, Döp-dö-dö-dö“, also einer textlosen Version von „L’amour toujours“, auf die erste Prognose in der ARD einstimmten. Gareth Joswig in der taz dazu:

„Der Song ist in den letzten Monaten zu so etwas wie dem Soundtrack der Selbstverharmlosung des Rechtsextremismus geworden, nachdem vielfach Videos bekannt worden sind, bei denen besoffene Jugendliche, handelsübliche Neonazis, aber auch Sylter Bonzenkids oder Sicherheitsleute in Flüchtlingsunterkünften auf die Melodie den althergebrachten Nazi-Slogan ‚Deutschland den Deutschen, Ausländer raus‘ singt. Höcke findet das witzig, wie ein Video belegt, dass vom extrem rechten Magazin Compact ins Netz gestellt wurde. Er grinst, als die Melodie von rechtsextremen Aktivisten um ihn herum gesungen wird.“

https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-3822.html#sprung1



IN DOIZLAND HEUTE

gibt es so viele Fragen zu vielen Problemen, dass man die wirklich wichtigen leicht vergisst: „Jetzt ist es so weit, und plötzlich ist da eine große Sorge: Kann eine Oasis-Reunion wirklich leisten, was ich von ihr erwarte?“ Fragte sich Spiegel-Journalist Christoph Hickmann am 27.8. Wir nehmen diese Sorge immer noch sehr ernst und machen es uns mit einer Antwort nicht leicht.