Literatur

SUPERBASTARD NR. 2

ist soeben erschienen. (Der Superbastard ist das aufgelesene Baby des von mir hrsg. Magazins Bastard, das sich nach der Nr. 1 wieder in ein schwarzes Loch im Universum geflüchtet hat; das Baby schrie jämmerlich, deshalb hat Freund Benedikt Maria Kramer es in seine Obhut genommen und zum schönen starken Superbastard aufgefüttert:)

100 Seiten „Schlagseite“ zum Kostenpunkt 6.– mit Texten von: Florian Günther (Berlin), Andreas Niedermann (Wien), Lydia Daher (Augsburg), Michael Sailer (München), Kai Pohl (Berlin), Gudrun Völk (Lüneburg), Clemens Schittko (Berlin), Franz Dobler (Augsburg), Benedikt Maria Kramer (Augsburg) und HEL Toussaint (Berlin).

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Im Anschluss Werbung für den geschätzten Wiener Songdog Verlag: Neuerscheinung in der Reihe Poetry „Taschenbillard“ vom auch im Superbastard vertretenen Florian Günther (mit einem Nachwort von Peter Wawerzinek („Gute Gedichte sind Tanklastwagen…“). Warenprobe: „Denn als sie die Mauer öffneten,/ sagte sie:/ Nun sie dir bloß diesen beknackten/ Mob an./ Die tun ja gerade so/ als hätten sie jahrzehntelang/ nichts zu fressen gekriegt.“ (Da möchte man doch gleich mal wieder die Linkssentimentalen Transportarbeiterfreunde hören, meint unsere neue Blockpraktikantin).

Ebenfalls neu bei Songdog: „Ein Bericht“ des Schweizer Autors Christoph Bauer (den man auch Roman nennen könnte, schätze ich). Warenprobe: „In jedem Menschen habe ich früher ein Geheimnis vermutet, und hinter jeder Hausecke lauerte ein Abenteuer. Die angesagte Zeit war die Zukunft, und mochte diese auch fehlen, definierten wir uns gerade deswegen stolz durch ihre Abwesenheit.“

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WEIHNACHTSGEDICHT

Die Süddeutsche Zeitung hatte gefragt, ob auch ich für die Ausgabe vom 23.12. ein Gedicht, in dem irgendwie „Stille Nacht“ vorkommt, schreiben könnte. Folgendes fiel für mich vom Himmel:

RUHE, KINDER! JONATHAN MEESE SPRICHT IN BILD!

Stille Nacht, stille Nacht – wir hören jetzt auch einmal

wieder AC/DC, bis dass es kracht.

Heut besucht uns der Freiherr vom Karl-Theodor.

Viel Glück wünscht er uns im AC/DC-T-Shirt.

Schaut aber schon auch scheißneu aus.

Ruhe, Kinder! Marius Müller-Westernhagen spricht in BILD!

Ein Schneechaos wieder auf der Hartz 4 und

mein Kopf ist ein brennendes Auto.

Wer will das selber gestrickte Unterhemd

mit dem Aufdruck schwarz auf weiß (oder umgekehrt)

Freiherrin vom Stephanie loves u 2

beim RTL-zwo gewinnen?

Die Mutti kniet breit unterm Bäumchen und

in meinem Kopf geht es zu wie nach

der letzten Zugabe von der AC/DC-Coverband.

Ruhe, Kinder! Jonathan Meese spricht in BILD!



ICH WÜSSTE NICHT

was eine schönere Kulturmeldung in der letzten Zeit gewesen wäre: Wawerzinek hat abgeräumt. Nur, damit das klar ist, es gewinnen dann doch nicht immer nur die literarischen Penner oder Kinder. Und so ist der lesenswerte Kommentar von Wawerzinek in der Jungen Welt von danach. Aloha und Hallelujeah.



DIE GROSSE MARTIN WALSER-VERAR

schung „Der Literaturverweser“ von Carl Wiemer bei Edition Tiamat ist im Rennen um den deutschen Oscar für das böseste Buch 2010 mein Favorit, und auch in den Kategorien „witziges Buch“ und „krankes Theaterstück“ wird es nicht leicht übertroffen werden können.

Wenn Wiemer Walser (hier: Alwin Raser) nur so halbwegs angreifen, parodieren und in den Kakau zerren würde, hätte ich´s nicht länger als vielleicht 10 Seiten gelesen, weil´s ja dann inzwischen abgehakt wäre, aber sein „Stück über Vernichtungsgewinnler“ tritt zielgenau mit Verve und komischsten Drehungen und intelligenten Finten unter die Gürtellinie. Dabei übrigens ein so lesbares Stück wie Prosa; „Stück“ ist eher eine Verkleidung, die aber auf der Bühne eine sagen wir z.B. Riesen-John-Waters-Nummer wäre mit seinen vier großen, naja zumindest wirkungsvollen Frauenrollen. Man verrät nicht zu viel, wenn man erwähnt, dass drei von ihnen wie Vater Alwin Raser schreiben, genauer gesagt: Bücher veröffentlichen, auf denen ihr Name steht…

98 Seiten, die eine vollkommen durchdrehende Menge am Roten Teppich verdient haben und bekommen müssen. Ob der deutsche Feuilleton- und Literaturbetrieb erkennt, dass hier eine 3-läufige-Schrotflinte auch auf ihn gerichtet ist, ist dabei nicht ganz so wichtig.



AUS LEIPZIG

erstmal dieser schöne Essay:

Frage: Wollen Sie schockieren oder schockiert Sie die Welt?

Antwort Carl Weissner: Weder – noch.

Von Weissner neu „Manhattan Muffdiver“ (Milena Verlag), also nichts für jeden, aber sehr zu empfehlen.

Am 25.3. muss ich in den Münchner Kammerspielen mit ihm in den Ring steigen. Keine leichte Sache. Und Heiko Werning ist dabei mit seinem neuen Buch „Mein wunderbarer Wedding“ (Edition Tiamat). Mehr kann man nicht wollen. Als mit diesen Kollegen in den Ring zu gehen. Take that.



DIE DREI TRAURIGSTEN ROMANE

die ich kenne. Geschrieben, auch stilistisch, als No-Way-Out. Die ich so schnell niemandem, nur weil ich sie gut finde, geben würde:

Buddy Giovinazzo: Cracktown

Hans Frick: Die Flucht nach Casablanca

Philip Roth: Jedermann

 



KATHY ACKER

muss man natürlich gelesen haben bzw. lesen, wenn man sich für moderne Literatur interessiert, auch wenn man nicht in einem Plagiatsprozess als Zeuge aufzutreten hat. Dabei ist keine schlechte Voraussetzung, wenn man ein Gegner der Sitte ist, dass  z.B. Homosexuelle mit Steinen zu Tode befördert werden sollten, um ihnen vermeintlich ordentliche Sitte beizubringen; falls ihr wisst, was ich meine.

Ein toller Orden, den die viel zu früh verstorbene Kathy Acker (1947-1997) bekam, war die Vertonung von „Pussy, King of the Pirates“ durch die Mekons.

Alles, was an Kathy Acker erinnert, die inzwischen doch fuckin viel zu sehr in Vergessenheit geraten ist (und im deutschen Bereich überlagert wird von z.B. Ärzten, die offensichtlich zuviel Freizeit haben und deshalb in dieser Texte/Bücher schreiben),  ist gut.

Auch bizarre Gimmicks in Erinnerung an Kathy A. sind gut, z. B. die ziemlich erfolgreiche neue Inszenierung von Frank Castorf. Mehr gibt es zum Fall „Häkelmann“ (wie wir vom Kathy A.-Fanclub von den Trinkhallen und Imbissbuden und Diskotheken, die Kindern keinen Eintritt gewähren, ihn nennen),  ehe wir uns mit der Literatur-Marketing-Abteilung zu Tode langweilen, nicht zu sagen.

Einfacher formuliert? Haha.

Eine so umfassende wie großartige Darstellung der literarischen Technik „Cut-Up“ hat Dr. Sigrid Fahrer veröffentlicht: Cut-Up / Eine literarische Medienguerilla. 260 S. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2009.

Lassen wir mal den Zufall einen Pass (in die Tiefe des Raums) schlagen und klappen das Werk auf: „Die Literatur sieht sich zunächst mit generellen Zweifeln an ihrer Wirkungskraft konfrontiert, gekoppelt an den Vorwurf, vom Elfenbeinturm aus zu agieren (397). Bei Cut-Up entzündet sich diese Kritik hauptsächlich an der experimentellen Form, die sich jeder Benutzerkompatibilität entziehe und die sich der ‚Ich-Süchtelei‘ verdächtig mache …“.

Was also tun? Warten. Warten auf Carl Weissners Roman Manhattan Muffdiver, der vermutlich in dieser Sekunde vom Milena Verlag ausgeliefert wird. Auszug aus dem Katalog: „Ich habe ein neues Stammlokal, eine Straße hinter dem Edgar Allan Poe Café. Es nennt sich NO PORK ON MY FORK, d.h. es ist eine Islamistenkneipe. Ich komme also reingeschlendert und sage: ‚Tach, ihr Windelköpfe. Ich bin euer lokaler Provokateur von der Politischen Polizei, der euch zu was anstiften soll. Ich finde, wir sollten den Trump Tower in die Luft jagen. Was haltet ihr davon, hm?“



DIE LITERATURABTEILUNG

des Augsburger Modular-Festivals 2010 habe ich zusammengestellt. Hier das Programm:

15.4. Marina Bartolovic (Heidelberg) und Juli Zucker (Regensburg)

16.4. Jasmin Ramadan (Hamburg)

17.4. Schwabinger Schaumschläger Show (München): Moses Wolff, Michael Sailer, Jaromir Konecny



DAS JAHR WAR

auch deswegen erheblich besser als 1938 oder wenn man 2008 in Reichweite der aus Gaza abgefeuerten Bomben war, weil man lesen konnte

Maxim Biller/Der gebrauchte Jude & Edo Popovic/Die Spieler &  Ludwig Fels/Die Parks von Palula & Andreas Niedermann/Log & Gabriele Goettle/Wer ist Dorothea Ridder? & Jasmin Ramadan/Soul Kitchen & Miron Zownir/ Parasiten der Ohnmacht & Friedrich Ani/Mitschnitt & Dominik Graf/Schläft ein Lied in allen Dingen & Harry Crews/Nackig in Garden Hills & Leonard Cohen/Das Lieblingsspiel & Wiglaf Droste/Am Nebentisch belauscht

und lauschen konnte The Dad Horse Experience/Electric Gates of Heaven & Various Artists/Roll Your Moneymaker & Bob Log III/My Shit Is Perfect & Mama Rosin/Black Robert & Steve Earle/Townes & 3Shades/Thank God For Beatniks & Smokestack Lightnin/Roadmasters & Roland Heinrich/Lichterloh & King Automatic/In The Blue Corner & Rickie Lee Jones/In The Evening Of My Best Day & Soundtrack Soul Kitchen & The Popes feat. Shane MacGowan, wenn man selbst fern von Outlaw Heaven war.

„If you´re drivin tonight, don´t forget your car!“



WILL DENN IN CHINA

gar kein Sack Reis mehr umfallen?“ – die 2007er Sammlung von Wiglaf Droste ist jetzt als Taschenbuch bei Reclam erschienen. Und ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass wir beide im Rennen um den Preis für den längsten Titel des Jahrzehnts ziemlich gut liegen.

Zu seinem neusten Buch „Im Sparadies der Frisöre“ bei Edition Tiamat schrieb Henryk M. Broder (und hatte damit, wie fast immer, recht): „Seine Art der Sprachkritik funktioniert wie eine Schrottpresse, die alles, was ihr zum Fraß vorgeworfen wird, auf einen kompakten Haufen reduziert“.

Während das  China-Buch vor allem auf den beiden Etagen spielt, die Droste nicht weniger wichtig sind bzw. von Sprachkritik sowieso auch nicht zu trennen: Musik und Poesie.

Ein Hinweis für alle Nichtleser der Märkischen Allgemeinen: dort ergab sich, durch seinen Aufenthalt als Stadtschreiber in Rheinsberg, seine neuste Kolumne „Drostes Dienstag“; s. maerkischeallgemeine.de