Produktion

DIE TRIKONT-STORY (12)

Für die Dezember-Ausgabe des Magazins a3-kultur habe ich das dazu geschrieben:

DER SOUND DER FREIHEIT

Wenn es nicht echt gewesen wäre, könnte man es als gelungenen Einstieg für einen Actionmusikfilm betrachten: Wenige Stunden nach der Buchpräsentation von „Die Trikont-Story“ bekam Trikont-Gründer Achim Bergmann auf der Frankfurter Buchmesse von einem Nazi zwei Faustschläge ins Gesicht, weil er ein Interview über die bösen 68er am Stand der rechtsextremen Zeitung junge Freiheit mit dem Zwischenruf „du redest Scheiße!“ gestört hatte.

Es war kein Zufall, dass ausgerechnet dieser Musikverleger angesichts der auftrumpfenden Rechten nicht die Klappe hielt. Denn das Trikont-Label ist nicht nur eines der ältesten Independent-Labels der Welt, sondern die bedeutendste, von sog. 68ern gegründete Kulturfabrik, die überlebt hat und seit 50 Jahren für eine offene, antinationalistische Gesellschaft und die dazu passende Musik kämpft.

Mit den Machern des heute weltweit legendären Labels aus München-Giesing bin ich seit einem Vierteljahrhundert befreundet (kann hier also keinen Hauch von Objektivität bieten), habe einige Compilations herausgegeben und Texte geschrieben. Aber meine emotionale Bindung geht sogar noch viel weiter zurück.

Ich steckte in der oberbayrischen Kleinstadt fest, in der Franz Josef Strauß spätestens 1946 das Kommando übernommen hatte, als ich mit sechzehn endlich etwas nachdenklicher wurde und dabei das bis heute bekannteste Trikont-Buch in die Finger bekam, „Wie alles anfing“ von Bommi Baumann. Damit distanzierte sich der Mitbegründer der Bewegung 2. Juni vom bewaffneten Kampf. Und lieferte sehnsüchtigen Teenagern wie mir, nicht zuletzt durch seine bodenständig-verständliche Art, eine Menge Stoff für unsere Anti-Haltung gegenüber einem CSU-Bayern, das uns etwa soviel zu sagen hatte wie ein kaputter Toaster.

Von den Problemen mit diesem Buch wusste ich natürlich nichts. Kein Mensch hätte damals, 1975, einen Pfennig darauf gewettet, dass diese Firma jemals 50 werden würde. Das erfuhr ich erst jetzt von Achim Bergmann, der zusammen mit Eva Mair-Holmes das Schiff bis heute steuert. Trikont wurde einerseits von RAF-Leuten buchstäblich belagert und bedrängt, das Bommi-Buch nicht zu veröffentlichen, denn in ihrer verkorksten ultra-autoritären Denke war es das konterrevolutionäre Werk eines Verräters. Und andererseits wurde das Buch dann gleich beschlagnahmt und der Verlag von den Staatsorganen mit Durchsuchungen und Prozessen angegriffen. Dass sich Trikont von beiden Truppen nicht aufhalten ließ, ist eine Antwort auf die Frage, wie dieser kleine Independent auch nachfolgende Krisen überlebt hat, ohne von seiner ursprünglichen Haltung viel weg- oder sich an irgendeinen Musikantenstadl ranzuschmeißen.

Als ich 1979 nach München kam, fing ich mit dem Trikont-Musikstudium an, das ich bis heute nicht abschließen konnte. Zur selben Zeit trennte sich das Label vom Verlag, der sich schon eine Weile, passend zu den damals angesagten Trends, auf esoterischen Mumpitz verlegt hatte und ein paar Jahre später einging, während das Label immer noch einen Zahn zulegte. Selbst in den stärksten Punk- und New-Wave-Stürmen wurde man von diesem Leuchtturm Trikont immer daran erinnert, dass die (Musik-)Welt viel größer war als die kleine Punkwelt zwischen dem Milbenzentrum in Milbertshofen und der, ebenfalls schon lange verstorbenen, Wirtschaft zur Post in Ampermoching.

So deutlich wie jetzt bei der Arbeit am Buch hatte ich nie erkannt, wieviel Pionierarbeit da geleistet worden war, zum Beispiel mit der ersten feministischen Platte („Lieder von Frauen“, 1974) oder der ersten Schwulenplatte („Schwul“ von Warmer Südwind, 1977). Es gab keine Afrobeat-Welle, als 1978 die erste LP der liberianischen Band Kapingbdi erschien – die man heute mit einer brandneuen Trikont-Produktion verbinden kann, dem ersten Album der Banda Internationale aus Dresden, die aus geflüchteten und deutschen Musikern besteht. Ein starkes Symbol für Trikonts unveränderte internationale Haltung und musikalisch-politische Bedeutung.

Das Label versucht weiterhin – im Verbund mit seinen Acts wie Hans Söllner, Attwenger, Bernadette La Hengst, Lydia Daher oder Kofelgschroa, um hier wenigstens einige zu nennen – die Grenzen zu durchlöchern, die Deutschland und Europa permanent dichter machen, um in ihrem nationalen Irrsinn möglichst wenig gestört zu werden.

Da mag es dann einige Leute überraschen, dass ausgerechnet dieses Label so gründlich wie nichts und niemand auch die bayrischen Roots von Bally Prell und Liesl Karlstadt über Karl Valentin bis Kraudn Sepp erforscht hat. Auch um zu zeigen, dass die bayerische Kulturgeschichte mehr hergibt als die Partei denkt. Von deren Heimatministerium mit Hausmeister Söder soviel kommt wie von einem kaputten Toaster. Ohne ein paar Institutionen wie Trikont wäre Bayern auf dem kulturellen Stand von Ende Mai 1945.



DIE TRIKONT-STORY (10)

In Konkret 12/2017 eine Seite in der Rubrik „platte des monats“ über die Trikont-Jubiläums-3cd-Box „Expose yourself to Trikont Vol. 6“ (die übrigens, kein Schreibfehler: 9,99 kostet), und im Artikel von Harald Justin auch eine Bemerkung zum Buch: „Es gehe darum, nach einem Wort Hannah Arendts mit dem Herzen zu hören und mit dem Denken zu fühlen. So verstanden, müsste man sich dem Label noch anders, nicht über die einzelnen Produktionen, sondern über die Gesamtheit des Programms nähern, historisch, kritisch und es als Seismographen einer Geschichte begreifend, die weit größer als Musik ist. Genau das haben Christof Meueler und Franz Dobler mit ihrem Buch zum Labeljubiläum (…) gemacht.“



CATWALK SMALLTALK (10)

WAS MEINST DU, WIEVIEL SIE IHM DAFÜR BEZAHLT HABEN?

ZU WENIG, AUF JEDEN FALL ZU WENIG.

GLAUBE ICH AUCH.

GLAUBST DU AUCH?

GLAUB SCHON.

SICHER?

ZIEMLICH SICHER. GANZ SICHER.



PASSAGIER 2017

heißt mein neustes Gedicht, veröffentlicht in der jungen Welt  vom 18.11. (nachdem ich es am 14. im Benno-Ohnesorg-Theater vorgetragen hatte, nachdem Friedrich Ani und ich beschlossen hatten, uns am Ende jeder Vorstellung mit einem neuen Gedicht zu verabschieden):

Im Supermarkt kommt aus den Lautsprechern

Iggy Pop mit The Passenger.

Vor 40 Jahren um 15 Uhr hätte ich das so gesehen:

Wir haben den Supermarkt eingenommen!

 

Jetzt haben sich die Rauchwolken verzogen

Und die Sache sieht anders aus:

Sie sind überall.

Es gibt kein Entkommen.

 

Eine Erkenntnis

Die mich nicht schockierte

Nur ganz kurz berührte.

Ich hatte mir schon sowas gedacht.



DIE TRIKONT-STORY (9)

Eine ganze Seite von Frank Schäfer in der jungen Welt von heute:

https://www.jungewelt.de/artikel/321597.wir-befreien-uns-selbst.html

Die Trikont-Story



DIE TRIKONT-STORY (8)

>„Die Trikont-Story“ funktioniert als Buch auf mehreren Ebenen<,  heißt es im langen Kulturforum-Artikel von Gerhard Emmer, der mit vielen Sounds angereichert ist, >zum einen als opulente, Kilo-schwere, robust gebundene Festschrift zum Jubiläum eines großartigen Platten-Labels, wie auch als gut zu lesende Geschichte der APO, linker Sponti-Aktionen, alternativer gesellschaftlicher wie subkultureller Gegenentwürfe und daraus entstandenen Musik-historischen Trends und Bewegungen, die bereichert wird durch zahlreiche Abbildungen, Schlaglicht-artige Statements und Ausführungen der Labelmacher, Musiker und weiterer Zeitzeugen aus dem kulturellen wie historischen Kontext im Stile des maßgeblichen Standardwerks zum US-Punkrock „Please Kill Me: The Uncensored Oral History of Punk“ von Legs McNeil und Gillian McCain (…) ist das gewichtige Werk selbstredend auch ein umfassender und sorgfältig gestalteter Plattenkatalog geworden (…) Als Einblick in zahlreiche Musiker-Biografien taugt es nicht minder … <. Und mit einem Foto, das wir gerne gehabt hätten:

Das Kulturforum hebt das Glas mit Hans-Peter Falkner von Attwenger
auf die nächsten 50 Jahre Trikont.

Reingelesen (70): Christof Meueler mit Franz Dobler – Die Trikont-Story: Musik, Krawall & andere schöne Künste

 



DIE TRIKONT-STORY (7)

Der 8′-Beitrag in BR-Capriccio mit sehr seltenen historischen Aufnahmen:

https://www.facebook.com/br.capriccio/?fref=ts

Spiegel.de: „liebevoll illustrierter Prachtband (…) Vor der nostalgischen Beschwörung der wilden Jahre Westdeutschlands schützt sich die „Trikont-Story“ durch demonstrative Nüchternheit.“

http://www.spiegel.de/kultur/musik/die-trikont-story-stimme-des-widerstands-seit-50-jahren-a-1174693.html



DIE TRIKONT-STORY (6)

Buchpräsentation  „Die Trikont-Story“ am 12.10. in Frankfurt, v.r.n.l.: Trikont-Artist Eric Pfeil, Heyne-Hardcore-Verleger Markus Nägele, Autor Christof Meueler und seine Rückendeckung. 486 Seiten this machine kills fascists wie Woody Guthrie zu sagen pflegte.

Bild könnte enthalten: 3 Personen, Innenbereich

Foto c by Kirsten Nägele



DIE TRIKONT-STORY AB HEUTE

im Handel. 486 Seiten, gebunden, Großformat, ca. 666 Fotos und Abbildungen, 30.- für 1,505 Kilo. Morgen abend im BR-TV bei Capriccio und in Deutschlandradiokultur bei Tonart um 15h30.

Die Trikont-Story



EIN GRUSSWORT, AUF DAS WIR

besonders stolz sind. Das Buch  bei Heyne Hardcore, ab 23.10. im Handel…

 Notwist 11 Std.

Das Trikont -Label wird 50 und jetzt ist auch ein Buch da, ein schönes, dickes Buch und eine dicke Empfehlung !
Trikont mischen sich ein, haben keine Angst, und beziehen Stellung gegen reaktionäre, nationalistische, fremdenfeindliche Engstirnigkeit, für eine offene, vielfältige, interessante Welt. Und daß das sowieso immer und gerade jetzt wieder wichtig ist, hat man ja leider gerade von der Buchmesse erfahren müssen.
1000 Dank an Trikont dafür, für die Erinnerung daran, daß Musik immer auch mehr ist als Musik…und für so viele unglaublich tolle Lieblings-Platten über die Jahre.
❤️