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REMEMBERING LAWRENCE FERLINGHETTI

den Last Man Standing der Beat Poets, der am 22. Februar im Alter von 101 verstorben ist. Zu seinem 100. habe ich in der jungen Welt dies veröffentlicht:

***  GROSSER  MANN  MIT  GROSSER  STORY  ***

Lawrence Ferlinghetti zum 100. Geburtstag

Der amerikanische Dichter, Maler, Verleger und Buchhändler Lawrence Ferlinghetti feiert am 24. März seinen hundertsten Geburtstag – und sein neues Buch, den Roman Little Boy, der zeitgleich in den Staaten und in Deutschland bei Schöffling & Co. erscheint und natürlich im Mittelpunkt der Feierlichkeiten steht, die am amtlich ausgerufenen „Lawrence Ferlinghetti Day“ in San Francisco, wo der Dichter 1950 landete, und speziell im so legendären wie lebendigen City Lights Bookshop, den er 1953 mitbegründete, abgefeuert werden. Mit Lesungen, Vorträgen, Fotoausstellung oder einem Dokumentarfilm, in dem vielleicht Bilder von der Landung in der Normandie reingeschnitten sind, denn der Poet hat auch sein Leben riskiert, um Nazi-Deutschland zu besiegen, das wird man wohl noch sagen müssen.

Die Party wird flankiert von hunderten Artikeln aus der halben Welt, die sozusagen von Dwight Garners schon am 11. März in der New York Times gedrucktem Artikel angeführt werden, der allerdings, im Gegensatz zu meinem Grußwörtchen hier, fast so lang wie der Weg zur Hölle ist. Eine Hymne auf den Säulenheiligen der Stadt und Reiseführer durch Beat Francisco. Der inzwischen fast erblindete Dichter und Polit-Aktivist blaffte den Reporter an, er solle ihn mit Stadtführer-Quatsch in Ruhe lassen, um dann beim Literatur-Kultur-Stoff auszupacken.

Also wie war das mit dem letzten Konzert von The Band und dem Scorsese-Film The Last Waltz? „Auch andere Dichter waren vor dem Konzert auf der Bühne und lasen Gedichte vor, aber er ist als einer der wenigen im Film dabei, erzählte er mir, weil er ins richtige Mikrophon gesprochen hat.“

Ferlinghetti ist der Last Man Standing. Allein die Vorstellung, wie sich sein Blick zurück anfühlt, macht mich schwindlig. Seine Freunde, Kollegen oder Schützlinge der Beat Generation sind schon lange tot – um die großen Drei zu nennen: Jack Kerouac starb 1969, Allen Ginsberg und William S. Burroughs 1997.

Genauer gesagt: „Obwohl er sich selbst nie als Beat sah, weder vor, während oder nach der San Francisco Renaissance, ist Lawrence Ferlinghetti untrennbar mit den Beats verbunden. Sein Leben überlappte sich mit dem ihren in Stil und Geographie, und er teilte sich mit ihnen das Schema der kaputten Kindheit, die Verbindungen mit Greenwich Village, das Trampen in Mexiko, den freidenkerischen Pazifismus und das tiefgehende, unersättliche Interesse an der modernen Literatur“, schreibt Steven Watson in seinem Standardwerk Die Beat Generation.

1955 startete Ferlinghetti den berühmten Verlag City Lights mit der Reihe „City Lights Pocket Poets“ mit seinem ersten Gedichtband Pictures of the Gone World. Die Sektion Taschenbuch war damals immer noch hauptsächlich für sog. Schundliteratur reserviert, Pulp-Stories mit halbnackten Ladys auf dem Cover, und dazu passend ging die Nr. 4 der Pocket-Serie durch die Decke und machte die Beteiligten in der ganzen Nation zum Top-Thema: ein halbes Jahr nach Veröffentlichung wurde Allen Ginsbergs Howl and other Poems im März 1957 beschlagnahmt und Verleger Ferlinghetti und Buchhändler Shigeyoshi Murao wurden bald darauf wegen „Verbreitung obszöner Schriften“ verhaftet. Während die American Civil Liberties Union „einen Präzedenzfall für“ die „garantierte Redefreiheit sah und für Ferlinghettis Verteidigung eine Reihe erstklassiger Anwälte zusammentrommelte“ (Watson). Im Oktober wurden die Angeklagten freigesprochen – und Ferlinghetti und Ginsberg und diese Bande namens Beat Generation waren jetzt mal fast so bekannt wie Elvis.

Damit ist schon angedeutet, dass der Dichter Ferlinghetti vom so wichtigen Verleger und Aktivisten immer auch bedrängt wurde und (wie alle anderen) im Schatten der großen Drei stand. „Als Dichter war er selten ein Kritikerliebling“, konstatiert Garner, aber mit seinen über fünfzig Publikationen erreichte er ein großes Publikum, und A Coney Island of the Mind (1958) ist mit mehr als einer Million verkauften Exemplare einer der erfolgreichsten Gedichtbände aller Zeiten, der in bisher drei Ausgaben auch im Deutschen erschienen ist.

Die für unseren Sprachraum bahnbrechende Anthologie Beat von Karl O. Paetel bei Rowohlt – heute bei Maro im Programm – erschien 1962. Ein Blitzschlag, ein bis heute starker Rundumschlag (der die deutschen Beats wie Jörg Fauser, Carl Weissner und Jürgen Ploog munitionierte) mit drei langen Sprach-Sound-Gebäuden von Ferlinghetti, die mir viel später vermutlich zuerst in die Finger kamen (falls es nicht die Mexikanische Nacht war), mit diesem „Rettungsboot voll Nonnen von der Deutschland / Und eine Blume gefunden in der Pikardie gepreßt in ein Buch in Brooklyn / Und ein wandernder sephardischer Jude aus Porto Rico der bis nach / Newport auf der Fall-River-Linie wanderte mit einem nichtfahr- / planmäßigen Abstecher zu den Niagarafällen / Und ein vergilbter Schnappschuß meiner französischen Großmutter“, der jetzt auch am Anfang von Little Boy wieder auftauchen könnte.

Ferlinghetti beginnt seinen zweiten Roman, an dem er zwanzig Jahre gearbeitet hat, mit dem sorgfältig ausgebreiteten Chaos seines Aufwachsens. Wie er von der Mutter weg zu jener Tante kam, nach Frankreich und „in ein Waisenhaus in Chapaqua nördlich von New York, weil sie kein Geld hatte“, zu dieser Familie, in jenes Internat, zum Militär. Fetzen, Motive und Fotos, die immer wieder anders belichtet in dem Strom auftauchen, in dem der Poet nach zwanzig Seiten auf und davon surft, ohne Punkt und Komma zu setzen, nur manchmal einen Absatz.

Ein unwiderstehlicher Flow (hervorragend übersetzt vom Dichter Ron Winkler), der mich an Coltrane-Tracks denken lässt und den man in seiner schlanken Form auch als Statement gegen den dämlichen Trend zu breitest ausgewalzten Romanen verstehen kann, gemixt aus Autobiografie, Philosophie, Literaturgeschichte, Poesie. Natürlich mit Klagen über ein Amerika, das dem „philosophischen Anarchisten“, wie er sich selbst nennt, nicht gefallen kann, und mit dem melancholichen Blick des unglaublich alten Mannes: „UND so sitze ich im Caffe Trieste in San Francisco wo sich nichts je ändert Dekade für Dekade ändern die Gesichter sich aber sind dieselben der Bevölkerung der Welt entnommenen Charaktere und ich bin dort mit meinem fortwährenden Gefährten meinem einsamen Ich und der einzige Plot in diesem Buch von meinem Leben ist mein fortwährendes Altern so unermüdlich auch Seeräuber-Jenny singt I tell you I tell you I tell you you must die und es ist wie auf die Antwort warten wann ist das alte Eisen denn nun Schrott“ – und du weißt nicht, ob auf der nächsten Seite dieser Beat-Style-Lektion der Krieg kommt oder Burroughs („der alte Hipsterstricher immer ganz weit vorn beim sich Verdünnisieren sobald die Bullen kamen“) oder der Kapitalismus, der sich auch durch San Francisco frisst.

Ich erzähle keine Memoiren, sondern von einem eingebildeten Ich“, betont Ferlinghetti in allen Interviews, und (das stimmt schon eher): „Es ist ein experimenteller Roman“ und „diese Art Buch, die ich mein ganzes Leben geschrieben habe.“ Auch deshalb „ein mutiger Poet“ (wie ihn der vorletzte Literatur-Nobelpreisträger genannt hat). Der immer noch seinen strahlenden Humor hat. Auf die Frage des Magazins Document, was er an seinem Geburtstag tun werde, sagte er: „Ich werde mein Grab schaufeln.“

Lawrence Ferlinghetti: Little Boy. Roman.

Aus dem Englischen von Ron Winkler. Verlag Schöffling & Co. 216 S., 22€



REMEMBERING FRANCOISE CACTUS

Montag 22.2. 20h Klaus Walter auf byte.fm:

https://www.byte.fm/sendungen/was-ist-musik/2021-02-22/20/pour-messieur-ted-gaier-erinnert-an-francoise-cact/

<Ausgabe heute: Pour Messieur – Ted Gaier erinnert an Francoise Cactus / „Ich kannte Francoise seit dem Sylvesterabend 1984/85, wo sie mit ihrer Band Lolitas im einem besetzten Haus in der Potsdamer Strasse/West Berlin vor den Bands The Waltons und Die Toten Hosen spielte. Als Schlagzeugerin und Sängerin erschien sie mir wie eine geniale Symbiose von Musikerinnenfiguren wie Mo Tucker, Nico und Francoice Hardy und trotzdem völlig einzigartig. Ich wollte sie unbedingt kennen lernen. Ihr verdanke ich mein sämtliches Wissen über französische Popkultur, kleine Alltagsdinge, die es braucht für einen kultivierten Lebensstil (z.B. das Eau De Toilette Chanel ‚pour messieur‘ oder einen Füllfederhalter mit Stärke B) und vieles vieles mehr.“ (Ted Gaier) Am Tag nachdem bekannt wurde, dass Francoise Cactus mit 57 Jahren an Krebs gestorben ist, rief Ted Gaier mich an und fragte, ob wir nicht eine Sendung mit ihrer Musik machen könnten. Schöne Idee, dachte ich, zumal es ja einige Querverbindungen zu seiner Band, den Goldenen Zitronen gibt. Also machen wir das.>

Bildergebnis für stereo total Das Farewell von Jim Avignon/Neoangin: “Adieu Francoise Die Nachricht von deinem viel zu frühen Tod hat mich sehr traurig gemacht. Ich wollte immer in einer Stadt leben, in der Künstler wie du zuhause sind. Ich weiß noch, wie ich neben dir hinten im Tourbus saß und du unentwegt Lyrics für neue Songs in dein kleines Buch geschrieben hast. Ich ärgere mich immer noch, daß keiner ein Interview mit dir darüber machen wollte, wie ihr regelmäßig in den 80ern heimlich in Ostberlin gespielt habt und jedesmal kurz vor Mitternacht wieder zurück sein musstet. Ich war dabei als du als Einzige gemerkt hast, daß auf dem schicken Goetheevent in Singapur die Cocktails mit Wasser statt mit Wodka gemixt wurden. Unvergessen, wie du beim Portraitmalen in der Crystal Ball jedem Portraitierten egal ob Mann oder Frau große runde Brüste gemalt hast. Ich bin immer noch dankbar, daß ich als Vorgruppe bei einer eurer Touren dabei sein durfte und ich bin froh, daß ich bei deiner letzten Ausstellung vor genau einem Jahr der Aushilfsbarkeeper sein konnte. Ich wäre gerne dabei wenn du mit spitzer Zunge und leicht amüsiert, all die Nachrufe kommentierst, die jetzt über dich erscheinen. Leider hab Ichs versäumt mich richtig zu verabschieden. Machs gut, wo auch immer du gerade steckst. Berlin hat eines seiner schillerndsten Aushängeschilder verloren. Adieu”



HOFFNUNG UND KONTROLLE

Ich habe die möglicherweise unberechtigte Hoffnung, dass dieses KSK nicht mit der KSK, deren Mitglied ich bin, verwechselt wird:

„Sollte es bei Kreitmayr als Alleinverantwortlichem bleiben, dann muss die Bundeswehrspitze rechtfertigen, warum sich gerade der am besten trainierte, kampfbereiteste Teil der Bundeswehr der politischen und parlamentarischen Kontrolle entziehen kann. Dieser Teil der Truppe ist latent unkontrollierbar und sollte aufgelöst werden.“

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1148564.munition-beim-ksk-strafvereitelung-im-amt.html?sstr=Daniel|L%C3%BCcking



IN DEADLOCK SITUATION

den Überblick behalten kurz vor dem Act, das schafft DJ-Kollege Lefty vom Go-Go-Club, der ihn schon unter härteren Bedingungen behalten hat … (die Diskussionen laufen, ob wir hiermit eine Serie „Das leuchtende Beispiel“ starten sollten).

Ist möglicherweise ein Bild von Innenbereich

Foto c Lefty Gohn

 



MUSIK PROPAGANDA (4)

Eine sehr gute Nachricht: Album #3 „Devil’s Diamond Memory Collection“ von Aloa Input ist für Mai @Siluh Records angekündigt. Hier ein Artikel zur zweiten Single daraus plus die erste Single „Desert Something“, die Marcus Grassl-Angela Aux-Cico Beck abgeschickt haben:

https://www.neolyd.com/news-kritiken/aloa-input-make-it-rain/



RADIO CACTUS TOTAL

Das habe ich nicht mitbekommen, dass die gestern verstorbene Francoise Cactus und Stereo Total aus „Patty Hearst“ auch ein Hörspiel machten. Die brandneue Platte Paris-Berlin hatte ich damals bekommen, als ich am Abend eine Vorstellung mit dem Benno-Ohnesorg-Theater in München hatte, und dann habe ich das Album zusammen mit dem Publikum zum ersten Mal gehört, und princess and terrorist Patty Hearst lief 3-7 mal, es wurde ungeplant ein totaler Stereo Total-Francoise-Abend, und wenn ich heute so eine Gelegenheit hätte, wäre es ein Abend in Erinnerung an Francoise.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/hoerspiel-von-stereo-total-patty-hearst-princess-and.3683.de.html?dram:article_id=485145

Bildergebnis für stereo total cover Francoise sollte, neben Ludwig Lugmeier, die Hauptrolle in der Verfilmung meiner Story „Jesus, Maria und Josef“ spielen, die Henning Harnisch schon weit vorangebracht und gefilmt hatte, ehe die Sache dann doch abgebrochen wurde. „Und dann kam ich in eine Stadt, die taugte noch weniger und ich kaufte mir auch einen Drilling.“ Wann das war? Als wir unsterblich waren.



FRANCOISE CACTUS

has left the building, eine der charmantesten und mit maximum Talent und Rock´n´Roll gesegneten Artisten der francais-allemand Popkultur, goddamerde, mit 57 – Ruhe in Frieden.

Ist möglicherweise ein Bild von 1 Person, steht und Text



RADIO BRASCH

HEUTE WIRD SICH ALLES ÄNDERN / Drei Erfinder-Geschichten

Hörspiel von Thomas Brasch, 41 min 17.02.2021 22h03 Produktion: Edition Mückenschwarm 2020

https://www.deutschlandfunkkultur.de/doppelboediger-humor-geschichten-von-thomas-brasch-heute.3684.de.html?dram%3Aarticle_id=488836&fbclid=IwAR0pUekjaPVbwqJ7fcCq505G4DIDGq9mzCD0s0M2ybPQe6StQEwGvh4lSlU

Regie: Matthias Mücke Mit: Stefan Kaminski, Stefan Kaminsky, Marion Brasch Musik: Conrad Knorr, Frida Rücker, Marcus Erb-Szymanski, Posaunenchor Bad Düben Geräusche: Karl Heinz Fabian Ton und Technik: Fritz Dittmann, Matthias Mücke



NEUES VON ARM UND REICH

bzw. eben nichts Neues – aber großartig auf die Punkte gebracht von Verbrecher Verlag-Autorin Anke Stelling, die von ihren FreundInnen aus dem gutsituierten sog. grün-alternativen Milieu gerne als Nestbeschmutzerin bezeichnet wird:

„… Inzwischen aber glaube ich, dass Klasse alles durchdringt… Dass der alte Brecht-Spruch tatsächlich stimmt: „Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.“ … Ich bin mit einer Clique aufgewachsen, in der alle in die Kreativbranche gegangen sind: Künstlerinnen, Schauspieler, Filmemacherinnen, so was. Irgendwann habe ich gemerkt: Wir machen zwar alle das Gleiche, aber nicht alle müssen davon leben … manche … können sich dieses Künstlerleben leisten.“

https://www.zeit.de/kultur/literatur/2021-02/mittelschicht-anke-stelling-schaefchen-im-trockenen?

If in doubt buy a new SUV.



ZUR VAIER DES TAGES

gibt es hier diese und andere (auch lustige) günstige Postkarten: 

http://www.schaschko.de/htdocs/shop/index.htm

oder auch für solche, die es, das soll es ja immer noch geben, obwohl ich es fast nicht mehr glauben kann, genauer wissen wollen: https://trikont.de/

Bildergebnis für karl valentin dem rhythmus sein brudern