Artikel mit dem Schlagwort ‘ Blog ’

DAS EX-MODEL IM KRIEG

hat unsere Mode-Redakteurin nur deshalb als Titel gewählt, weil sie ihn so todchick findet. Dennoch nicht unpassend: Lee Miller war Model, Fotografin, dann Kriegsreporterin für die Vogue an vorderster Front 1944/45  und berichtete so unglaublich prä-Hunter-Thompson-scharf und aus einzigartigem Blickwinkel, dass man´s liest, als hätte man nie was darüber gelesen. Ihr absolut unversöhnlicher Hass auf „die Hunnen“ feuert

 Edition Tiamat, 272 S., ca. 100 s/w-Fotos

dermaßen stark aus dem Buch, dass man als Hunne auch heute noch schamrot in Deckung geht und weiß, dass das alles nicht so vorbei ist wie´s die guten Deutschen gern hätten, die heute nicht mehr Hunnen genannt werden mögen. Irres Foto eines Kollegen: „Lee Miller in Hitlers Badewanne“, kurz nachdem sie bei der Befreiung des KZ-Dachau dabei war.

3 Seiten in der taz von Michael Sontheimer: http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=tz&dig=2013%2F12%2F07%2Fa0038&cHash=809061c93dfad538a513950a1c3c9fdc



SUPERBASTARD EXTRA LOVE CHILD

Sie können Ihr Pferd vergessen oder den Fußball – aber dieses junge Literaturmagazin müssen Sie beachten. Hier die Mitteilung von Hrsg. Benedikt Maria Kramer: „Was ursprünglich eine kleine Sondernummer werden sollte, hat sich in den letzten Wochen zu einem rund 90 Seiten dicken superbastard-extra entwickelt. Das liegt nicht daran, dass wir alles drucken, sondern an den vielen verdammt guten Texten, Gedichten und Fotografien, die unsere Redaktion erreichten. “

*LOVE CHILD* – superbastard extra #1 
88 Seiten, € 9,95 (zzgl. Porto und Versand)
Unter den Autoren finden sich einige altbekannte Bastarde wie Florian Günther, Jerk Götterwind, Michi Sailer, Andreas Niedermann, Urs Böke und Ni Gudix, aber auch Bastard-Babys wie Christin Zenker, Marvin Chlada, Constanze Ramsperger, Marcus Mohr, Susann Klossek und Marc MroskDazu zwei exklusive Übersetzungen: Metta Victor (Aus dem Amerikanischen von Ni Gudix) und Ingvar Ambjørnsen (Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs).
Stargast ist diesmal Georg BüchnerAußerdem Fotografien von Deborah Parkin, Jacqueline Roberts, Florian Waadt und Florian GüntherFür Liebhaber anspruchsvoller Underground-Literatur das Weihnachtsgeschenk unterm Christbaum!
BESTELLEN SIE HIER:
Superbastard: http://www.superbastard.de ODER Songdog: http://songdog.at 


NILS KOPPRUCH (13)

29.11., 20.15h, ZDF Kultur (auch in der Mediathek):

Wasser und Seife. Film von Susan Gluth. Musik: Nils Koppruch. D: 2008, 80´

 http://www.wasserundseife-film.de/index.html

„Tatjana, Gerti und Monika arbeiten schwer in einer in die Jahre gekommenen Wäscherei in Hamburg. Ihr Verdienst ist gering und die Folgen der Globalisierung wecken beim Zuschauer Zweifel, ob es in naher Zukunft einmal besser wird. Sie meistern ihren mühsamen Alltag trotz allem mit Würde, stille Heldinnen der Hoffnung, die sich hin und wieder ein kleines Stück vom Glück erobern.“

*** Und Interview Koppruch & Gisbert zu Knypphausen zu Kid Kopphausen (40´):

http://vimeo.com/45830776



HERBERT ACHTERNBUSCH FOREVER

Wir schließen uns dem Gruß unseres Blockberaters Hias Schaschko zu Achternbuschs 75. an. Außerdem gibt es in seinem Postkartenverlag eine schöne H.A.-Serie (siehe unten). Und übrigens ist am Gerücht, die CSU hätte gegen „unseren“ Herbert und uns gewonnen, noch lange nichts dran. Soweit täte es ihnen noch kommen mögen.

Foto: badgeman.de

HERBERT ACHTERNBUSCH 75! – „Für mich ist er (…) mit seinen Arbeiten immer eine absolute Messlatten zum gerade extrem gehypten BAYERN/DIALEKT tum. Da die Öffis (BR, ARD, ZDF, ARTE, 3SAT…) filmmäßig wieder mal ganz ausgelassen haben, schick ich hier links zu 2 kompletten Filmen von ihm. Es gibt ja so wenig Möglichkeiten seine Arbeiten irgendwo zu sehen. Viele, besonders die jüngeren, kennen ja kaum einen von seinen ca. 30 Filmen. Wie auch.“

SERVUS BAYERN komplett mit wahnsinnsmonolog der großen Annamirl Bierbichler

Capriccio diese Woche http://www.youtube.com/watch?v=tMtni8QiSF8

echt K.O. POSTKARTEN HERBERT ACHTERNBUSCH
unter dem Motto DIALEKT ALLEIN REICHT AUCH NICHT! grüßt Hias Schaschko


THE BOY NAMED SUE (2)

im Gespräch mit Stefan Maelck, Sa. 23.11., 10:10h, Radio MDR Figaro:

http://www.mdr.de/mdr-figaro/index.html

dobler Neu bei Edition Tiamat

Und ein Ramones-Song-kurzes Interview in der Sulzbach-Rosenberger Zeitung, 14.11.: SRZ: Sie kommen ja – wenn man so will – von ganz unten: Nämlich aus dem tiefsten Süden in Bayern? FD: Inhaltlich gesehen war es in meiner Jugend der Wahlkreis von Franz-Josef Strauß, weshalb ich mit einigen bleibenden Schäden weiterleben musste. Zu schreiben haben Sie begonnen in der Lokalredaktion der örtlichen Zeitung? Ein Ferienjob als Polizeireporter war das höchste für mich! Mein größter Fall war echter Punkrock: ein Unfall mit einer Kuh und drei Autos.  Hat der Süden Bayerns etwas gemeinsam mit den Südstaaten der USA? Eine Menge schönen Grant und Eigensinn, der leider von zu vielen Kirchen und anderen Gespenstern abgeschwächt wird.

(Hätte ich vielleicht 3 x „nein“ sagen sollen?)



HISTORY

Wie sah eigentlich früher Werbung aus?

Mehr davon bei: streetsyoucrossed.blogspot.com



CHARME & ROLL

nannte ich meinen neusten Musikessay in junge Welt, 18.11.2013:

Becky Lee & Drunkfoot: One Take Session (LP/CD, Voodoo Rhythm Records)

Die Frau aus Arizona ist die einzige weibliche One Man Band weit und breit. Im Gegensatz zu den Männern des Genres führt sie nicht vor, was das für ein harter Kampfsport ist, wenn man allein mit Schlagzeug, Gitarre und Stimme klarkommen muss, sondern macht das charmant: Becky Lee geht spazieren, als würde sie bei Sonnenschein einen Regenschirm über der Schulter drehen. Lässt ihre bezaubernde Stimme nicht in Gitarrengewittern untergehen und haut doch genug Rock´n´Roll raus.

Zum Zeitpunkt der Aufnahmen hatte sie erst zwei Monate Gitarre gespielt (dieses zweite Album ist eigentlich ihr erstes) und war gezwungen, mit Soul von technischen Mängeln abzulenken. Geht´s denn anders? In den ruhigen Songs macht sie so wenig, als hätte sie die Weisheit erfunden, dass weniger mehr ist. Und ihr Fuß, der den Rhythmus macht, ist natürlich nicht betrunken, sondern wickelt mich wie nebenbei um den Finger.

(Der Platz für den Text war zu klein, um den Gender-Kommentar von Sophie Hunger, die mit Becky Lee in ihrer Schweizer Zeit ein Trio hatte, unterzubringen: „Sie ist der Cowboy, der jeder sein will.“)

Besuchen Sie: http://www.voodoorhythm.com/BECKY_LEE_AND_DRUNKFOOT.html



LOU REED

Sein Dokumentarfilm „Red Shirley“ (2010) über seine 100-jährige Cousine:

http://www.openculture.com/2013/10/red-shirley-lou-reeds-short-documentary.html

Vgl auch Die Heebie-Jeebies im CBGB´s/Die jüdischen Wurzeln des Punk, von Steven Lee Beeber, Kap 3 : Der Zeyde des Punk.

Nachruf von Berthold Seliger: http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/17426



SPITZENSATZ (13)

„Nichts ist leichter, als in möglichst großen Geistern der jüngeren Vergangenheit den Antisemiten zu entdecken und heftig gegen die eigene antifaschistische Brust zu trommeln.“ (Willi Winkler, Süddeutsche Zeitung, 29.10.2013)

Hm. Uns fallen doch ein paar Sachen ein, die leichter sind. Aber der Politredaktion in unserem Block fällt ja immer leicht was ein. Oder auf. Zum Beispiel, dass der Historiker-Journalist Otto Köhler zwei Seiten über den Fall schreibt, mit dem es sich Winkler hier so leicht macht, dass die Trommeln dem großen Geist in der Brust dröhnen.

http://www.jungewelt.de/2013/10-28/021.php?sstr=otto%7Ck%F6hler



MEIN FREUND NEBELMASCHINE

(Für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung saß ich mal wieder in einer Theaterpremiere, genauer gesagt hockte ich, wie die meisten Besucher, auf dem Boden rum, bis mir der Arsch und die in der Nähe gelegenen Knochen gescheit weh taten, was mein Denkvermögen natürlich nicht in den Dispobereich versenkte. Hier die längere Version dessen, was in der FAS am 27.10. erschien:)

An einem so hektischen wie geheimnisvollen Theaterabend kann es doch schon mal passieren, dass einem die Begriffe im Kopf verloren gehen: Wenn ein Regisseur ein Buch nimmt und auf die Bühne wirft, ja, Mensch, wie heißt das denn jetzt? Verstückung?! Quatsch, Dramatisierung, logisch. Aber jetzt finde ich Verstückung besser. In Stuttgart jetzt neu: Bernward Vespers Romanessay „Die Reise“ in der Verstückung von Martin Laberenz.

Der Grund für diese nicht neue Aktion ist klar: Das mit Notizen und Briefen 700 Seiten starke Fragment gilt als das Buch der 68er-Protestbewegung, das erst einige Jahre nach Vespers Selbstmord (1971) erschien und sowohl Hit als auch Legende wurde, und das nicht nur, weil alle Konflikte, Hoffnungen etc. im Textgebirge enthalten sind, sondern auch in Vespers Person, und so spektakulär wie in keiner anderen: Sein Vater war der bekannte Nazi-Dichter Will Vesper, seine Frau und die Mutter seines Sohns  war Gudrun Ensslin, die ihn für die RAF und Andreas Baader verließ, und er selbst nicht nur Polit-Aktivist und -Verleger, sondern auch LSD-Freak mit literarischem Talent, der zuletzt im Irrenhaus saß und übrigens absolut klare Briefe schrieb. Ich habe den Drang, das hier mal sachlich runterzubeten, weil ich glaube, dass von der Verstückung nicht viel ankommt, wenn man nicht alles mögliche schon weiß. Dass eine gute Strecke der zweieinhalb Stunden aus Langeweile besteht, macht´s ja auch nicht leichter.

Verständlicherweise löst Martin Laberenz nur einige Steine aus Vespers Riesengebirge: Drogendelirien, Kindheitserinnerungen, Hass (auf fast alles außer Sohn Felix). Weil Vesper an Schizophrenie erkrankte, spielen fünf Akteure Vesper, falls sie nicht gelegentlich Vater, Mutter, Gudrun oder den amerikanischen Freund Burton spielen. Zentrum der Spielfläche: ein großes Bett. Bei ihnen ist auch der Souffleur, von dem ich lange dachte, er wäre auch ein Teil-Vesper, aber egal. Die Konstellation führt zu einigen tollen Lärm-Laber-Orgien, wenn gegen- und durcheinander geredet wird, einigen gut nervenden Hass-Brüll-Monologen, einigen bedrückenden stillen Szenen, in denen der einsame, verzweifelte, inhaftierte Vesper sozusagen isoliert vor sich hin spricht. Das klingt, so hingeschrieben, ziemlich gut – aber die Teile ergeben kein Ganzes. Das schlingert nur so herum.

Gipfel diverser Leerläufe: ein Hassmonolog gegen, pi mal Daumen gesagt, Deutschland, Kapitalismus, Erziehung (mit dem schönen Gag: „Ich hasse Schiller, und Goethe ist noch schlimmer!“), der nur noch zäh ist, gefühlte zweieinviertel Stunden dauert, in denen ein Vesper die anderen, stummen, bewegungslosen umrundet. Gipfel einiger sinnlosen Aktionen: die Schauspieler werden zu Schauspielern, sprechen zum Publikum, improvisieren aber nicht, wäre ja spannend, über ihre Meinung zu Vesper – z.B. sind wir alle für immer an die Nazis gekettet? – , sondern zählen nur auf, was sie grade sehen: links neben mir der Liegestuhl, ich gehe jetzt am Steg entlang, der ein Viereck um das Bett bildet und so fort.

Dabei hat Laberenz ein Talent für Slapstick, und das wäre ein mutiger Ansatz für einen 31-jährigen Regisseur gewesen. Aus dem ikonografischen Vesper-Bild mit fetter Sonnenbrille macht er echte Nummern, überwältigend, wenn aus der Familienschatzkiste nicht nur die riesige Naziflagge des Vaters kommt und sich die Bernwards nicht nur anklagen, sondern einer die anderen niederbrüllt, er habe doch nur nach seiner Sonnenbrille gesucht! Und zuletzt kommt auch endlich mal  die volle Wucht, ein echter Anschlag aufs Gemüt: Vesper in der Geschlossenen, fragt sich, ob „die Psychose praktisch die Antwort auf den Bewusstwerdungsprozess“ ist, ob er, als Nazikind, das bis ans Ende aller Fragen geht, so enden muss. Dann holen ihn Gestalten in weißen Raumanzügen ab. Eine Szene, die in den Magen geht. Deshalb kommt auch sofort nochmal Gewitzel und zuletzt die komplett sinnfreie Anmerkung, man werde als nächsten dann John Lennon ins Totenreich holen.

Nur die Nebelmaschine hat von Anfang bis Ende exzellente Arbeit geleistet. Habe noch nie einen so wunderbaren Bühnennebel gesehen. Mit einem Soundtrack von Friederike Bernhardt, der auf Tonträger erscheinen sollte. Neben Details zwei starke Gründe, sich die Verstückung anzusehen. Echt jetzt!