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YURIY GURZHYS UKRAINISCHES KRIEGSTAGEBUCH NO 191

Der ukrainische Autor, DJ und Musiker Yuriy Gurzhy lebt seit 1995 in Berlin und ist seit zwei Jahren sozusagen gezwungen, über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu schreiben.

Ausschnitt: „Ja, Herr Gurzhy, Sie haben sicherlich vom tapferen russischen Undergroundmusiker N. gehört, der letztes Jahr russland verlassen hat und zurzeit in Berlin lebt. Wir dachten uns, wir könnten ihn und Sie in einem typischen Berliner Café filmen, wie Sie bei Kaffee und Kuchen über die Situation in Ihren Ländern diskutieren, was halten Sie davon?“

https://www.tagesspiegel.de/kultur/ukrainisches-kriegstagebuch-191-wenn-sich-theater-und-tv-plotzlich-wieder-an-den-krieg-erinnern-11198392.html

Auch abgesehen von diesem verdammten Wahnsinn ist sein Buch „Richard Wagner und die Klezmerband. Der neue jüdische Sound in Deutschland“ (Ariella Verlag, 2021) sehr zu empfehlen.



DIE GUTE TAT

„Bahnhofsbuchhändler schmeißen rechtes Blatt raus“, nämlich das Compact-Magazin, meldet das Börsenblatt (das Fachmagazin der Buchbranche) am 8.2.

„Nach der Kette Valora (mehr als 150 Filialen) wollen nach „Spiegel“-Informationen zwei weitere große Händler das Heft aus den Auslagen nehmen: Die Unternehmensgruppe Dr. Eckert (rund 400 Standorte) sowie der Konkurrent Lagardère Travel Retail (vertreten an 30 Bahnhöfen mit 115 Filialen), der außerdem „den Bann auch für die rechtsgerichtete Junge Freiheit“ aussprach.

Und jetzt noch „Update, 9. Februar: Auch Schmitt & Hahn (90 Filialen) hat das Magazin aus dem Verkauf genommen“.

https://www.boersenblatt.net/home/bahnhofsbuchhaendler-schmeissen-rechtes-blatt-raus-318675



WO IST MOJO NIXON JETZT???

The Crazy Never Die, sagt die poetische Wissenschaft, selbst wenn: „Mojo Nixon, the unapologetically brash musician, actor, and radio DJ, died of “a cardiac event” on Wednesday, Feb. 7, his family confirmed to Rolling Stone. He was 66. Nixon was aboard the Outlaw Country Cruise, an annual music cruise where he was a co-host and regular performer.

“August 2, 1957 — February 7, 2024 Mojo Nixon. (…) “Passing after a blazing show, a raging night, closing the bar, taking no prisoners + a good breakfast with bandmates and friends. A cardiac event on the Outlaw Country Cruise is about right… & that’s just how he did it, Mojo has left the building,” his family’s statement continued.

Kein Widerspruch zu seinem Should-be-a-Hit „You Can´t Kill Me“. If in doubt consult your dealer and Dead Kennedys´ Jello Biafra.

https://www.rollingstone.com/music/music-news/mojo-nixon-dead-obituary-1234964257/



HUNDERTZEHN JAHRE

„William S. Burroughs war vieles: exzessiv, drogensüchtig, schusswaffenbegeistert – aber auch ein revolutionärer Intellektueller und mit Werken wie „Naked Lunch“ eine Ikone der amerikanischen Beat Generation. Er entwickelte eine neue Form des Schreibens, die „Cut up“-Methode, die Textfragmente assoziativ neu zusammensetzt – und damit die Grenzen von Sprache aufbricht. Bis zu seinem Tod blieb Burroughs eine Leitfigur der Gegenkulturen; er arbeitete mit Kunstschaffenden wie Laurie Anderson, Lou Reed, Robert Wilson und David Cronenberg, der „Naked Lunch“ 1991 verfilmte. Heute vor 110 Jahren wurde Burroughs geboren.“ (rbb-kultur, gestern)



WAS TUN NEOFASCHISTEN IM FASCHING?

Sie werden von der tapferen Mitte der Gesellschaft zum Mitfeiern eingeladen, damit sie auch ordentlich integriert werden – und werden dann bei der „Kultsendung Fasnacht in Franken“ vom Bay. Rundfunk für die Fotostrecke „Promis auf dem Roten Teppich“ nett präsentiert in netter Verkleidung:

„Sie lassen die Goldenen Zwanziger wieder aufleben: die Fraktionsvorsitzende der AfD, Katrin Ebner-Steiner, und Landtagsabgeordnete Elena Roon (AfD).“ (Bildunterschrift, Foto 17)

https://www.br.de/fastnacht-in-franken/index.html



SPITZENSATZ (97)

„Bezahlkarten für deutsche Milliardäre einführen, damit sie ihr Geld nicht ins Ausland schicken.“ (Quentin Lichtblau, f-book 3.2.) – bzw. Spitzenidee natürlich.



ICH FINDE NICHT

dass das eine Prozentzahl ist, die Hoffnung macht: „Angesichts der Enthüllungen um antidemokratische Geheimpläne stellen sich auch viele in der CDU gegen die AfD und fordern eine klare Abgrenzung: 73 Prozent der CDU-Wähler*innen sind gegen jede Zusammenarbeit mit den Rechtsextremen.“ Eher im Gegenteil. Auch wenn man´s nicht mit anderen Zahlen verbindet.



SACHBEARBEITUNG VON RECHTS

„Ob ihr es glaubt oder nicht: #Rostock hat einfach eine Sachbearbeitungsstelle für „Remigration“ ausgeschrieben und lässt sie weiterhin Online. Damit normalisiert Rostock eiskalt das rechtsradikale Wording für Deportationsfantasien. Bitte schreibt der Stadtverwaltung, was ihr davon haltet und fordert sie auf, die Ausschreibung zu ändern. [email hidden; JavaScript is required]“ (Europaabgeordneter Erik Marquardt, f-book 1.2.)



YURIY GURZHYS KRIEGSTAGEBUCH NR 189

Der ukrainische Autor, DJ und Musiker (mit zahlreichen Veröffentlichungen auf dem Münchner Label Trikont) Yuriy Gurzhy lebt seit 1995 in Berlin. Hier schreibt er über den Krieg in der Ukraine:

https://www.tagesspiegel.de/yuriy-gurzhys-kriegstagebuch-189-wie-sich-strassennamen-andern-11126968.html

Auszug: „Als ich plötzlich Moshe Moskovitz auf der anderen Straßenseite erblickte, dachte ich zuerst, das kann nicht wahr sein …doch wieso eigentlich nicht? Er hat sich kaum verändert seit den frühen Neunzigern, als ich ihn erstmals in der neueröffneten Synagoge erlebte. Ein amerikanischer Rabbiner war eine schillernde Erscheinung für das postsowjetische Charkiw jener Tage.“



DAS IST DAS BUCH

auf das der Verlag und alle Autor:Innen lieber verzichtet hätten:

NACH DEM 7. OKTOBER – Essays über das genozidale Massaker und seine Folgen.

Hrsg. von Tania Martini und Klaus Bittermann (mit Beiträgen von Nele Pollatschek, Volker Weiß, Armin Nassehi, Eva Illouz, Meron Mendel, Kira Kramer, Seyla Benhabib, Deniz Yücel, Claudius Seidl, Thomas von der Osten-Sacken u.v.a.) bei Edition Tiamat.

Ein Buch über den blanken Horror, mit Analysen und Beschreibungen der Ereignisse, der historischen Bezüge und Hintergründe, der Auswirkungen in den unterschiedlichsten antisemitischen Szenen außerhalb Israels. Auch ein Beispiel dafür, was Israel-Kritik von Israel-Hass unterscheidet. Oder anders gesagt, wenn ein Buch echte Macht hätte, wären die Probleme mit Hamas und ihren Verbündeten und BDS-Freund:Innen bald erheblich geringer.

Und ein Buch übrigens, das bei keinem anderen Verlag besser aufgehoben wäre, denn es steht am Ende einer langen und langjährigen Reihe von damit verbundenen Veröffentlichungen, wie, um nur einige zu nennen, Nach Auschwitz/Hannah Arendt, Die Untiefen des Postkolonialismus/Div., Vom Hass zum Genozid/Léon Poliakov, Die Wiedergutwerdung der Deutschen/Eike Geisel, Gesichter des politischen Islam/Div. oder, ebenfalls neu, Israelphobie von Jake Wallis Simons.

Am Ende ihres Vorworts zitieren die Hrsg. den Autor, jüdischen Widerstandskämpfer und Auschwitz-Überlebenden Jean Améry (1912-1978), an den man sich als Antifaschist heute wie an einem Leitstern orientieren kann, der schon Ende der Sechzigerjahre frappierend viel über die Situation heute geradezu vorhergesehen hatte, vor allem auch über das katastrophale Verhalten bei diversen Linken:

<Jenseits jeder Kritik nationalstaatlicher Konzepte und Gewalten sind es die Worte Jean Amérys, die den Kern eines Gefühls zu Israel treffen, das viele teilen können: „Meine persönlichen Beziehungen zu diesem Land […] sind quasi null: Ich habe es niemals besucht, spreche seine Sprache nicht, seine Kultur ist mir auf geradezu schmähliche Weise fremd, seine Religion ist nicht die meine. Dennoch ist das Bestehen dieses Staatswesens mir wichtiger als das irgendeines anderen.“>

(Ebenso zwingend also die Neuausgabe einiger, von 1969-76 veröffentlichter Améry-Essays zum Thema, im Verlag Klett-Cotta, in dem auch sein Gesamtwerk erscheint: Der neue Antisemitismus. Mit einem Vorwort von Améry-Biografin Irene Heidelberger-Leonard.)