Allgemein

IM HUFEISEN

steckst du, wenn sie dich von links und rechts in die Zange nehmen … dazu die Details aus der JungleWorld vom 13.11.:

„Autoritäre und antisemitische Strömungen innerhalb der Linkspartei gewinnen an Bedeutung, und sie tun es schnell. Nachdem Ramses Kilani noch im vergangenen Jahr aus der Partei geflogen war, weil er die Hamas-Massaker vom 7. Oktober verteidigt hatte, hielt er im September eine Rede auf der Demonstration »Zusammen für Gaza« in Berlin – einer Veranstaltung, die von der Partei mitorganisiert worden war.

Durch Erfolge wie diesen gestärkt, legen die antizionistischen Strömungen es gerade darauf an, ihren Einfluss innerhalb der Partei weiter auszubauen. Anfang November hat die parteinahe Jugendorganisation Solid auf ihrem Bundeskongress einen »zutiefst antisemitischen Antrag beschlossen« (…) Der besagte Beschluss spricht vom »kolonialen und rassistischen Charakter des israelischen Staatsprojekts«, und zwar »von seinen Anfängen an«. Die »Befreiung Palästinas« wird darin in erlösungsantisemitischer Tradition als »Teil einer breiteren demokratischen und sozialistischen Revolution« bezeichnet, die »den Imperialismus und Kapitalismus aus der Region herauswirft«, anders ausgedrückt: dem jüdischen Staat ein Ende bereitet (…) Der Antrag wurde mit knapp 70 Prozent der Delegiertenstimmen angenommen.“ – Der ganze Gute-Nacht-Gesang hier:

https://jungle.world/artikel/2025/46/linkspartei-bds-antizionismus-aufwind-fuer-antisemiten?



BUSINESS TODAY

Da geht mehr als sich die weniger kreativen Geschäftstüchtigen vorstellen können – dazu diese Pressemitteilung des Fritz Bauer Instituts (benannt nach dem Generalstaatsanwalt, der u.a. die Auschwitzprozesse durchsetzte und durchführte):

„GESCHÄFTEMACHEN MIT NS-VERFOLGUNG UND HOLOCAUST
Pressemitteilung zur geplanten Auktion »Das System des Terrors, Volume II, 1933–1945« des Auktionshauses Felzmann am 17. November 2025 in Neuss
Der Brief eines polnischen Auschwitz-Häftlings aus dem Jahr 1940 für 180 Euro? Die Gestapokarteikarte mit Informationen zur Hinrichtung eines jüdischen Bewohners des Ghettos Mackheim in Ostpreußen im Juli 1942 für 350 Euro? Oder doch lieber die Mitteilung über den Tod einer 1944 im Rahmen der sogenannten Euthanasie ermordeten Patientin der Landesheilanstalt Hadamar ebenfalls für 350 Euro? Vor eine solche Wahl ist die Kundschaft des Auktionshauses Felzmann am 17. November 2025 gestellt. Denn dann versteigern die in erster Linie auf Briefmarken spezialisierten Auktionatoren des renommierten Unternehmens aus Neuss die Sammlung eines privaten NS-Forschers.
Die 623 Lose der geplanten Auktion unter dem Titel »Das System des Terrors, Volume II, 1933–1945« (Volume I datiert von 2019) umfassen die Korrespondenz von Häftlingen deutscher Konzentrationslager mit ihren Angehörigen, insgesamt mehrere hundert Briefe. Allesamt Schriftstücke aus verschiedensten NS-Verfolgungskontexten sowie Täterdokumente, darunter die Notizen Arthur Liebehenschels, des Kommandanten des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, in Vorbereitung auf seine Verteidigung im Krakauer Auschwitz-Prozess 1947.
Das Fritz Bauer Institut protestiert gegen die geplante Versteigerung des Auktionshauses Felzmann und spricht sich grundsätzlich gegen einen kommerziellen Handel mit Dokumenten der NS-Verfolgung und des Holocaust aus. Mit solchen Unterlagen dürfen keine Geschäfte gemacht werden.
Die schriftliche und audiovisuelle Überlieferung der NS-Verbrechen sowie ihrer Nachgeschichte muss dringend den öffentlichen Archiven und Gedenkstätten anvertraut werden. Nur hier werden die Dokumente fachgerecht für die Zukunft konserviert, verzeichnet, aufbewahrt und unter Berücksichtigung ihrer Provenienz, aller Urheber- und Persönlichkeitsrechte sowie der schutzwürdigen Belange Betroffener oder ihrer Nachkommen der zeithistorischen Forschung und einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Wohin der Handel mit Dokumenten des Holocaust führen kann, macht ein Blick in den Katalog des Auktionshauses Felzmann, deutlich, der online verfügbar ist:
Die ausgerufenen Preise für die Häftlingsbriefe von Auschwitz etwa, oftmals die letzten Zeugnisse der Verschleppten, unterliegen einer zynischen Verwertungslogik, der zufolge Schriftstücke von Absendern mit niedriger Häftlingsnummer seltener und damit teurer sind als Post von Häftlingen mit höheren Nummern. Aus demselben Grund veranschlagt das Auktionshaus für Briefe, die von den Absendern im Konzentrationslager mit kleinen Zeichnungen versehen worden sind, ein höheres Startgebot. An einer Stelle des Kataloges wird dieses Verfahren zur Preisermittlung explizit: Zur Begründung eines hohen Startgebots heißt es ebenso lapidar wie grausam, »solche ›späten Belege‹« seien »rar, weil 1943 nur wenige Juden am Leben waren«.
Die Gedankenlosigkeit, mit der die Dokumente der NS-Verfolgung behandelt werden, drückt sich auch im Umgang mit den Persönlichkeitsrechten der Verfolgten und den schutzwürdigen Belangen von Nachkommen aus. Im Katalog wird beispielsweise das amtsärztliche Gutachten eines 1937 in Dachau wegen angeblichen »angeborenen Schwachsinns« zwangssterilisierten Mannes zum Verkauf angeboten. Dem Dokument – das online auf der Webseite des Auktionshauses frei einsehbar ist – ist nicht nur der Name des Mannes samt Adresse, sondern auch der Umstand zu entnehmen, dass er fünf Kinder hatte. In einem öffentlichen Archiv wäre ein solches Dokument mit hoher Wahrscheinlichkeit nur unter der Auflage zugänglich gemacht worden, dass die Anonymität des Mannes gewahrt bleiben muss, um seine Angehörigen zu schützen.“
(„DAS FRITZ BAUER INSTITUT ist eine unabhängige, zeitgeschichtlich ausgerichtete und interdisziplinär orientierte Forschungs- und Bildungseinrichtung in Frankfurt am Main, die die Geschichte der nationalsozialistischen Massenverbrechen – insbesondere des Holocaust – und deren Wirkung bis in die Gegenwart untersucht. Es wurde 1995 vom Land Hessen, der Stadt Frankfurt und dem Förderverein Fritz Bauer Institut e.V. als Stiftung bürgerlichen Rechts ins Leben gerufen und hat seinen Sitz in der Goethe-Universität Frankfurt am Main.“)
ERGÄNZUNGEN
### „Noch bis zum 31. Dezember 2026 ist in der KZ-Gedenkstätte Dachau die Sonderausstellung „Dachauer Prozesse. Verbrechen, Verfahren und Verantwortung“ zu sehen, die auch als virtueller 360°-Rundgang auf der Webseite verfügbar ist.“
### Neu bei Edition Tiamat – Jan Gerber: Das Verschwinden des Holocaust. Zum Wandel der Erinnerung. 332 S., 28.-
„Die Erinnerung an den Holocaust schwindet. Seine Singularität wird zusehends infrage gestellt (…) Jan Gerber geht den Ursachen dieser Entwicklung nach. Er fragt nach jenen Bedingungen von Erinnerung und Erkenntnis, die gegenwärtig zu erodieren scheinen. Dazu verbindet er die Gedächtnisgeschichte des Holocaust mit der Politik-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts. Auf diese Weise werden die aktuellen Debatten über die Bedeutung des Holocaust, sein Verhältnis zu den Kolonialverbrechen und die Politik Israels historisch eingeordnet. Es entsteht eine integrierte Geschichte der Holocaust-Erinnerung.“


HÖRT AUF DEN SCHLAGZEUGER

„In diesem Interview spricht der als Schlagzeuger der Band »Ton Steine Scherben« bekanntgewordene Musiker und Autor Wolfgang Seidel über den Antisemitismus im Kulturbetrieb“: »Im Kulturbetrieb zensieren sich viele selbst aus Angst vor dem postkolonialen Mob«

https://jungle.world/blog/von-tunis-nach-teheran/2025/10/im-kulturbetrieb-zensieren-sich-viele-selbst-aus-angst-vor-dem?

 

 



GEWALT & MEER

Pressemitteilung zur Veranstaltung des Augsburger Flüchtlingsrats:

Schikane, Gewalt & Meer – Film und Bericht zur Seenotrettung im Mittelmeer
14. November 2025, 20:00–22:30 Uhr: Cityclub Augsburg

„Europa schaut zu – Menschen sterben: Seenotrettung ist rechtliche und moralische Verpflichtung, keine Straftat!

In den vergangenen Tagen „erschütterten erneut zwei grausame Nachrichten Europa“: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EMGR) hat Griechenland wegen unterlassener Seenotrettung und mehrfacher Verletzung des Rechts auf Leben verurteilt! In dem Fall starben im März 2018 vor der griechischen Insel Agathonisi 16 Menschen, darunter sieben Kinder und zwei Säuglinge – weil die griechische Küstenwache trotz präziser Notrufe über 24 Stunden hinweg untätig blieb.

Vor wenigen Tagen, am 12.10.2025 wurde im zentralen Mittelmeer ein weiteres Flüchtlingsboot Ziel eines bewaffneten Angriffs durch die sogenannte libysche Küstenwache – in der maltesischen Rettungszone, beobachtet von einem Frontex-Flugzeug. Drei Menschen wurden durch Schüsse schwer verletzt, mindestens eine Person getötet. Hilfe von Malta blieb aus.

Diese Vorfälle sind keine Einzelfälle, sondern Ausdruck und Resultat einer systematisch menschenverachtenden Politik der Abschottung und Entrechtung. Europa finanziert und legitimiert Akteure, die Folter, Schüsse und das bewusste Sterbenlassen von Schutzsuchenden zu ihrem Handwerk gemacht haben. Während Menschen auf offener See ertrinken oder beschossen werden, werden zivile Seenotretter kriminalisiert, festgesetzt und diffamiert. Und wer „überlebt“ ist mit illegalen Pushbacks und Inhaftierungen an den europäischen Außengrenzen, die im Rahmen der GEAS-Reform angedacht sind, konfrontiert. 

Daher sagen wir klar: Diese Politik tötet!
Seenotrettung ist keine politische Verhandlungsmasse – sie ist eine rechtliche Pflicht und ein moralischer Imperativ. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten müssen endlich Verantwortung übernehmen: für sichere Fluchtwege, für die sofortige Beendigung der Kooperation mit der sogenannten libyschen Küstenwache und für ein Europa, das nicht länger zusieht, willentlich in Kauf nimmt, wie Menschen an seinen Grenzen sterben.

PRO ASYL, Refugee Support Aegean und zahlreiche andere Organisationen fordern seit Jahren Aufklärung, Gerechtigkeit und einen Stopp der Pushback-Politik. Auch wir als Augsburger Flüchtlingsrat schließen uns dieser Forderung mit Nachdruck an. Daher wollen wir explizit auf die bevorstehende Veranstaltung hinweisen: Ein Film, Bericht und Diskussion über die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer – und darüber, was wir in Deutschland tun können, um Solidarität sichtbar zu machen und dieser menschenverachtenden Politik entgegenzutreten.“

FlüRa lädt ein: Schikane, Gewalt & Meer – Film und Bericht zur Seenotrettung im Mittelmeer/ 14. November 2025, 20:00–22:30 Uhr, Cityclub Augsburg

https://augsburgerfluechtlingsrat.blogspot.com/

spendekunst.orgDer Augsburger Flüchtlingsrat präsentiert Kunst, Literatur, Musik und schöne Dinge zu Benefizpreisen. Fotografie | Gemälde | Handwerkliches | Literatur | Musik | Performance Künstler*innen spenden ihr Werk und wir spenden den Erlös der Verkäufe an Flüchtlingsprojekte.


AUF DEM GIPFEL DER DUMMHEIT

In Sachen Antisemitismus haben wir in den letzten Jahren nicht nur die miesesten Statements und Aktionen mitbekommen, sondern auch kaum zu glaubende Dummheiten. Dies scheint der Gipfel derartiger Dummheit zu sein:

Am 6. Oktober sollte ein DokFilm über eine jüdische Widerstandsgruppe in der Nazi-Zeit „im Hausprojekt Groni 50 in Berlin-Wedding gezeigt werden, denn in diesem Gebäude befand sich 1944/1945 das Hauptquartier von Chug Chaluzi. Doch im letzten Moment wurde die Veranstaltung abgesagt. Auf der Website des Hausprojekts heißt es dazu: »Die für heute Abend geplante Veranstaltung hat innerhalb der Groni 50 zu verschiedenen Diskussionen geführt, vor allem bezüglich der zionistischen Ausrichtung der jüdischen Widerstandsgruppe, die sich hier im Haus während der Nazi-Zeit versteckt und organisiert hat.«“

https://jungle.world/artikel/2025/42/antizionismus-gad-beck-juedischer-widerstand-unerwuenscht



WELCHES STADTBILD

hätten dieser Herr Merz und seine Freunde denn gerne? Ich habe das genau recherchiert: Berlin, 24-12-1944



NACH DEM 7. OKTOBER

gibt es jetzt Hoffnung, aber gewisse Probleme werden nicht so schnell verschwinden, und dazu diese Veranstaltung:

STAATSTHEATER AUGSBURG Sonntag, 12.10.2025 15 Uhr – in Kooperation mit ARTISTS AGAINST ANTISEMITISM AUGSBURG:

Über den Israel-Palästina-Konflikt sprechen – Tischgespräche mit in Deutschland lebenden Israelis und Palästinensern – Mit: Alexandra Senfft, Natalie Hünig, Zakariyya Meißner, Sapir Heller, Matthias Naumann – Eintritt frei

„Kein anderer Konflikt weltweit ist in den deutschen Medien, in der Politik, aber auch im Alltag vieler Menschen so präsent. Dabei kommt es häufig zu heftigen Frontstellungen, als ginge es darum, die Konfrontation nach hier zu übertragen, oder als sei der Konflikt willkommener Anlass, andere politische Emotionen oder Ziele über ihn auszuleben, was die Lage nur weiter verschärft. (…) Zugleich gewinnt man dabei immer wieder den Eindruck, dass das Wissen über den Israel-Palästina-Konflikt, seine historischen und sozialen Gründe und Entwicklungen gering ist, die Meinungen aber oft umso gefestigter.
In dieser Gemengelage scheint es uns zentral, miteinander über den Konflikt und seine Wahrnehmung hier, die unterschiedlichen Positionen darin, Widersprüche und Gemeinsamkeiten zu sprechen. So dass ein für Fragen offener und kritischer Gesprächsraum über die Wahrnehmung des Israel-Palästina-Konflikts und seine Folgen in Deutschland entsteht.“



EIN D-A-CH GEGEN ANTISEMITISMUS

Die Abonnent*innen dieses Blocks werden gebeten, die Aktion „Ein D-A-CH gegen Judenhass“ mit einer Unterschrift zu unterstützen:

https://www.change.org/p/nie-wieder-hei%C3%9Ft-jetzt-f%C3%BCnf-punkte-gegen-antisemitismus?signed=true

Aus dem Statement dazu: „Weder der Krieg in Gaza noch politische Entscheidungen in Israel können jemals ein Vorwand sein, Jüdinnen und Juden in Deutschland und Europa zu hassen, anzugreifen oder auszugrenzen (…) Wir sind ein breites Bündnis aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Gemeinsam fordern wir: Eine klare Antwort auf den Hass. Jetzt. Deshalb haben wir einen konkreten, überparteilichen Fünf-Punkte-Plan gegen Antisemitismus entwickelt. Er ist umsetzbar – und er braucht deine Unterstützung, damit ihn die Parlamente in Berlin, Wien und Bern aufgreifen.“



PEN-BERLIN FÜR MICHEL FRIEDMAN

Schon die nächste nötige Presseerklärung von PENberlin, nachdem eine Veranstaltung mit unserem Gründungsmitglied und Rechtsberater Michel Friedman abgesagt wurde, die im Oktober (Achtung, kein Fehler:) 2026 stattfinden sollte. Zunächst die Zusammenfassung des NDR:

„In Klütz im Landkreis Nordwestmecklenburg sollte Michel Friedman im Oktober kommenden Jahres im Literaturhaus „Uwe Johnson“ anlässlich des 120. Geburtstages von Hannah Arendt über Demokratie sprechen. Die Stadt sagte jedoch nur Friedmans Auftritt ab, nicht die gesamte Veranstaltung. Grund sind laut Bürgermeister Jürgen Mevius (Unabhängige Wählergemeinschaft) zu hohe Kosten für Friedmans Honorar und Übernachtung. Frühere Berichte, wonach die Absage aus Angst vor Protesten aus der rechtsextremen Szene oder durch Hamas-Sympathisanten erfolgt sei, sind nach Aussage der Stadt nicht zutreffend. Die vom Leiter des Literaturhauses, Oliver Hintz, übermittelte Begründung der Stadt lautete laut Friedman, es könne zu rechten Demonstrationen kommen und es sei mit Gegendemonstrationen zu rechnen.“ – So eine gibt es in Klütz jetzt schneller als eine Klützerin Abrechnungsformular sagen kann:

(PENberlin, Auszüge, link unten):

„Die Ausladung unseres Gründungsmitglieds Michel Friedman hat zu Irritationen geführt (…) Darum rufen wir zu einer Kundgebung auf, und zwar am 29. September, 17 Uhr Am Markt, Klütz. [Es sprechen: Oliver Hintz, Leiter des Literaturhauses Klütz,  Michel Friedman, Philosoph und Publizist, Thea Dorn, Schriftstellerin und PEN-Berlin-Sprecherin] 

Den ersten Teil unseres Mottos haben wir Hannah Arendt entliehen: »Gewalt beginnt, wo das Reden aufhört – für eine starke Zivilgesellschaft in Klütz und überall« Welche der öffentlich genannten Gründe in welchem Maß tatsächlich zur Ausladung von Michel Friedman geführt haben, können wir nicht beurteilen. Deshalb halten wir vier Grundsätze fest, für die sich auch die Kundgebung in Klütz aussprechen wird:

1. (…) Darüber, ob ein Literaturhaus diese oder jene Autorin einlädt (…) , entscheidet kein Bürgermeister (…)

2. (…) allerdings Aufgabe des Staats, die Sicherheit aller zu gewährleisten. Die Sorge vor (möglichen) Störungen gleich von welcher Seite kann niemals ein Argument sein, eine Veranstaltung abzusagen. Das vorauseilende Einknicken vor Leuten, die nicht Kritik im Sinn haben, sondern Verhinderung, ist inakzeptabel. Der Austausch, auch die harte Kontroverse, gehört zu einer lebendigen Kultur – Canceln und Gegen-Canceln nicht.

3. Auch der Hinweis auf angeblich zu hohe Kosten kann eine Ausladung nicht rechtfertigen, wenn eine Kulturinstitution genau für einen solchen Auftritt Fördermittel einzusammeln vermag. Das Argument, der Auftritt eines Autors »passe« nicht zu einer Gemeinde, ist kein Argument.

4. Antisemitismus ist inakzeptabel. Immer. Überall.“

https://penberlin.de/michel-friedman-kluetz-gewalt-beginnt-wo-das-reden-aufhoert/

https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/reaktionen-auf-friedmans-ausladung-in-kluetz-streit-um-gruende,friedman-120.html



PEN-berlin BTR IRAN

Als Gründungsmitglied des Schriftstellerverbands PENberlin bin ich (natürlich nicht) verpflichtet, diese Pressemitteilung zu veröffentlichen. Die Frage im Titel „Herr Dobrindt, würden Sie den Dalai Lama zurückweisen?“ ist nur scheinbar ein ganz gemeiner Tiefschlag …

„Zum Jahrestag des Aufstands im Iran: Herr Dobrindt, würden Sie den Dalai Lama zurückweisen? 

Lahav Shani. Foto: Archiv

Heute [Nine-Eleven] jährt sich zum dritten Mal der Beginn des Aufstands gegen die islamistische Diktatur im Iran. Die Iranerinnen (und Iraner), die nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini mit dem Ruf »Jin Jiyan Azadi« (»Frau Leben Freiheit«) auf die Straße gingen, haben Weltgeschichte geschrieben: Erstmals wurde die Forderung nach Gleichberechtigung der Geschlechter zum Ausgangspunkt einer revolutionären Erhebung gegen eine Diktatur. »Der Aufstand wurde maßgeblich von jungen Frauen getragen, oft Kurdinnen. Das Regime kriegt diesen Widerstand bis heute nicht eingedämmt, auch wenn die Massenproteste brutal niedergeschlagen wurden«, sagte Daniela Sepehri, Boardmitglied des PEN Berlin.

Niemand kann und wird den Iran von außen befreien; ein Leben in Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit werden sich die Iranerinnen und Iraner selbst erkämpfen müssen. Das Ausland, also auch Deutschland, kann aber zweierlei tun: Sich nicht zum Komplizen des Mullah-Regimes zu machen. Und diejenigen, die für einen freiheitlichen Iran kämpfen, nach Kräften zu unterstützen – gegebenenfalls durch Schutz vor Verfolgung.

In der ersten Zeit nach der Niederschlagung des Aufstands hat die Bundesregierung unbürokratisch Visa an besonders gefährdete iranische Oppositionelle erteilt; auch der PEN Berlin konnte mehrere verfolgte Kolleg:innen mit Unterstützung der deutschen Behörden nach Deutschland in Sicherheit bringen.

Doch inzwischen werden faktisch keine Einreisegenehmigungen nach §22 Aufenthaltsgesetz mehr erteilt – weder für iranische Staatsbürger noch für andere. Ein Aufenthaltstitel gemäß §22 AufenthG kann erteilt werden, wenn »völkerrechtliche oder dringende humanitäre Gründe« vorliegen – und zur »Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland«. Über die Vergabe entscheidet das Bundesinnenministerium.

»Unserem Eindruck nach ist es mittlerweile nahezu unmöglich, eine Einreiseerlaubnis nach §22 Aufenthaltsgesetz zu erhalten«, sagte PEN-Berlin-Sprecher Deniz Yücel. Das gilt nicht nur für Aufnahmen im Rahmen von Programmen, sondern auch für Einzelfälle. »Wir wissen, dass andere Organisationen und Fachanwälte dieselbe Erfahrung machen. Ich kann verstehen, dass die Bundesregierung die irreguläre Einwanderung eindämmen möchte. Aber die Einwanderung nach §22 Aufenthaltsgesetz spielt zahlenmäßig keine Rolle. Das ist kein migrationspolitisches Instrument, sondern ein außenpolitisches, was dem Innenminister offenbar nicht klar ist. Man muss befürchten, dass Herr Dobrindt auch der Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi oder dem Dalai Lama einen Aufenthaltstitel verweigern würde, um die Migrationsstatistik zu verbessern.«

PEN Berlin erinnert deshalb an diesem Jahrestag daran, dass die Unterstützung der iranischen Freiheitsbewegung nicht nur aus humanitären Gründen geboten ist, sondern auch im unmittelbaren politischen Interesse Deutschlands liegt. »Es ist fraglich, ob es zum Überfall der Hamas auf Israel mit all seinen Folgen gekommen wäre, wenn 2022 im Iran die Revolution geglückt wäre. Ein vom Mullah-Regime befreiter Naher Osten wäre fraglos ein friedlicherer und freierer Ort für alle, die dort leben – und würde auch Europa sicherer machen«, sagte Sepehri.

PEN Berlin gedenkt Jina Mahsa Amini und mit ihr über 500 hundert Menschen, die für »Jin Jiyan Azadi« ihr Leben verloren haben.

PEN Berlin. Wir stehen im Wort.“

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