BRINKMANN * 16 APR 1940
Von Franz Dobler | 16. April 2023 | Kategorie: Literatur | Kommentare deaktiviert für BRINKMANN * 16 APR 1940konnte ich wieder erwerben in Bad Vilbel für 5.- in einem dieser 2nd-Handladen, in denen man mit allem rechnen darf. Tagsüber lief ich nicht ganz zurechnungsfähig durch den Ort, weil ich durch die Nacht, sozusagen ein Silver-Screen-Opfer, bei Dreharbeiten aktiv sein musste. Liest man Brinkmanns lange Einleitung zu seiner (nach Acid veröffentlichten) Sammlung und verbindet das mit aktuellen Diskussionen zum Lyrikstandort Deutschland, darf man zur Einsicht kommen, Brinkmanns Lyrikstandort 1969 war dem Heutekram voraus. Klingt beknackt, weil so paradox, und dennoch. Das Buch beginnt mit Ted Berrigan, einem der Dichter, die Brinkmann stark gepusht hat. Insofern bestens passend, dass bei Starfruit Publications eine Ted Berrigan-Neuausgabe angekündigt ist, »DIE SONETTE« (ins Deutsche übertragen von Ulf Stolterfoht).
MÜHSAM
Von Franz Dobler | 6. April 2023 | Kategorie: Literatur | Kommentare deaktiviert für MÜHSAM*
*hrsg. von Präkels+Liske
ALLES MUSS PLÖTZLICH ODER NICHTS
Von Franz Dobler | 29. März 2023 | Kategorie: Literatur | Kommentare deaktiviert für ALLES MUSS PLÖTZLICH ODER NICHTSIm täglichen Kampf gegen unsaubere Sprache (bzw. Äußerungen) müssen wir naturgemäß immer nur verlieren. Und müssten aufgeben, wenn wir nicht dranbleiben müssten … Nehmen wir den bekannten Musiker, der ein Buch veröffentlicht hat und im Interview sagt: „Alles muss plötzlich politisch sein.“ Obwohl gar nichts sein muss – wer muss denn aus der Buchstabensuppe irgendwas rausholen müssen, außer das, was er selber zu müssen meinen muss.
Wenn Tocotronics Dirk von Lowtzow den Eindruck hat, man würde ihm (und anderen) nahelegen, was zu müssen, kann man nichts machen, aber man muss das auch korrigieren können. Das ist so ähnlich wie mit der berühmten gefühlten Bedrohung: am meisten von Kriminellen bedroht fühlen sich nachgewiesenermaßen die BewohnerInnen von Reihenhaussiedlungen in Kleinstädten … So geht die ganze Müssen-Stelle: „Heute habe ich hingegen den Eindruck, dass das Politische grundlegend geworden ist für die Vermarktung von Produkten. Alles muss plötzlich politisch sein. Als Künstler wird man permanent gefragt: Ist dies und jenes politisch?“ Wenn es auch noch permanent wird, muss man vielleicht die falschen Leute kennen?
Allerdings musste ich lachen, als ich die Stelle las, die dem Kollegen Thomas Blum in diesem Interview auffallen musste: „Das merkt man dem Buch glaube ich auch an, dass ich ein Jahr lang täglich damit konfrontiert war, Äpfel vom Ereignisbaum zu pflücken.“
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1171978.ich-tauche-auf-dirk-von-lowtzow-alles-muss-ploetzlich-politisch-sein.html
WIGLAF DROSTE VERY SPECIAL
Von Franz Dobler | 25. März 2023 | Kategorie: Literatur | Kommentare deaktiviert für WIGLAF DROSTE VERY SPECIALam Indiebookday: Edition Tiamat-Verleger Klaus Bittermann hat eine weitere großartige Sammlung von unserem allzu früh verstorbenen Freund herausgegeben, eine Anthologie mit Sprachkritik und -forschung und Attacken auf Germanistans Sprachverrottung bei zuverlässiger Unterhaltung zum Totlachen:
»Droste ist ein beneidenswerter Stilist. Und es liegt an seinem verwunderten Spott, seiner Beobachtungsgabe und dem Hang zum Absurden, weshalb das Buch anderen humoristisch gemeinten Grammatikstunden überlegen ist.« (Die Zeit)
EINE GUTE NACHRICHT
Von Franz Dobler | 24. Februar 2023 | Kategorie: Literatur | Kommentare deaktiviert für EINE GUTE NACHRICHTfür alle (ernsthaften) Autor*innen (außer für diejenigen, die arbeitsscheu sind und sowieso unser vollstes Verständnis haben): der geschätzte Kollege Roland Spranger wollte ChatGPT mit einem neuen Buch beauftragen und bekam diesen Bescheid:
(Man könnte natürlich eine Diskussion über „gesetzliche Bestimmungen“ anfangen (falls man nicht in einer Killerzone wie Iran oder Russland festhängt), aber ich werd´s sicher nicht tun).
MEINE GESCHICHTE MIT BRECHT
Von Franz Dobler | 15. Februar 2023 | Kategorie: Literatur | Kommentare deaktiviert für MEINE GESCHICHTE MIT BRECHTfing mit 16 an, als uns ein junger Referendar mit Brecht-Texten kam und damit 1976 etwas Licht in die bayerische Kleinstadtschule brachte. Man musste nicht wissen, dass Jim Morrison oder viel stärker noch David Bowie Brecht/Weill-Fans waren, um Brecht-Songs/Gedichte/Stücke als irgendwie Rock´n´Roll-verwandt sehen zu können und die Polit-Lektion anzunehmen. Ich war Zeuge, als es zu Brechts 100. Geburtstag in seiner Geburtsstadt 1998 zu einer Art Zeitenwende kam: als Ministerpräsident Edmund Stoiber die Festrede im Festsaal hielt, ein CSU-Führer, der immer wieder nicht nur durch lächerliche, sondern auch rassistische Äußerungen aufgefallen war. Die Frage heute ist nicht, ob Brecht seitdem im Grab rotiert, sondern ob die Christ-Sozialen immer noch auf dieser miesen Linie rumlaufen: das tun sie, und das lässt sich an vielen Beispielen belegen. Besonders in der Problemzone Flucht&Migration werfen sie immer wieder mit Äußerungen um sich, als würden sie auf eine Koalition mit der faschistoiden AFD hinarbeiten. Und dann nebenbei den Antifaschisten Brecht umarmen, der 12 Jahre auf der Flucht vor den Nazis war? Gegen derartige Vereinnahmungen, die oft als schlauer Kultur-Tourismus daherkommen, muss man das Brecht-Werk also verteidigen.
STEHLEN LESEN LIEGEN LASSEN
Von Franz Dobler | 9. Februar 2023 | Kategorie: Literatur | Kommentare deaktiviert für STEHLEN LESEN LIEGEN LASSENSchönes Fundstück auf f-book, dessen Wahrheitsgehalt von unserer Literaturredaktion nicht überprüft wurde: „Unter anderem im Irak gibt es einen alten Brauch, dass Buchhandlungen ihre Bücher unbeaufsichtigt auf dem Bürgersteig liegen lassen und nachts nicht wegräumen. In Bagdad erstreckte sich ein solcher Buchmarkt über eine ganze Straße, die als Herz und Seele der Alphabetisierung und intellektuellen Gemeinschaft Bagdads bezeichnet wird. Die Iraker sagen: „Der Leser stiehlt nicht, und der Dieb liest nicht.“ – Dass auch diese Volksweisheit nicht stimmt, muss nicht überprüft werden.
THE DIFFERENT DEAL
Von Franz Dobler | 4. Februar 2023 | Kategorie: Literatur | Kommentare deaktiviert für THE DIFFERENT DEAL„I talk a lot [in the book] about my childhood and my background, but I never knew writing a book was going to be this difficult. Everybody said, “You’re a songwriter, you’ll be great.” But it’s such a whole completely different deal.“ (Lucinda Williams)
https://www.vanityfair.com/style/2023/02/lucinda-williams-interview
DIE TOTALDICHTE VERFASSUNGSDICHTERIN
Von Franz Dobler | 23. Januar 2023 | Kategorie: Literatur | Kommentare deaktiviert für DIE TOTALDICHTE VERFASSUNGSDICHTERINDer Politik-Redakteur überlegt, ob er das Zeh-Zeugs kommentieren soll und freut sich, dass es der geschätzte Kollege und Verbrecher-Verlag-Autor Markus Liske grade und viel besser zerlegt hat. Sein Knockout vorweg: „Dass so jemand wie Zeh in diesem Land derzeit zu den Top-Intellektuellen gezählt wird, verrät einiges über den Zustand dieser Gesellschaft. Dass sie aber außerdem noch als brandenburgische Verfassungsrichterin tätig sein darf, ist schon ein bisschen beängstigend.“
<„Vielleicht war es eher ungewöhnlich, dass es in den neunziger und den zweitausender Jahren in Deutschland so ruhig war. Unsere Generation war nicht sehr aktivistisch, es war eine absolut optimistische Zeit, mindestens ein Jahrzehnt lang hatte man nach der Wiedervereinigung den Eindruck: Alles wendet sich zum Besseren“, sagt Juli Zeh im NZZ-Interview. Ob es die zahllosen rassistischen Morde in dieser Zeit, die Pogrome von Rostock und Hoyerswerda, das Entstehen einer rechtsextremen Massenbewegung als Keimzelle der AfD oder nur das Raubrittertum der Treuhand und die sozialen Verheerungen in Ostdeutschland waren, die in dieser Zeit ihren Optimismus befeuerten, verrät sie leider nicht. Dafür erklärt sie noch mal eindringlich, dass die Flüchtlingspolitik des Jahres 2015 für alles Böse der Gegenwart verantwortlich ist. Letztlich auch dafür, dass ihr armer Mitautor („nur eine kleine Wohnung in Hamburg“) vom totalitären Pandemieregime zur Heimlichkeit gezwungen wurde, wenn er während des Lockdowns sein Ferienhaus in Schleswig-Holstein besuchte. Und natürlich auch dafür, dass man heute gleich als Putinist gilt, nur weil es einem egal ist, ob die Ukraine von Russland annektiert wird oder nicht … Dass so jemand wie Zeh in diesem Land derzeit zu den Top-Intellektuellen gezählt wird, verrät einiges über den Zustand dieser Gesellschaft. Dass sie aber außerdem noch als brandenburgische Verfassungsrichterin tätig sein darf, ist schon ein bisschen beängstigend. Und dass sie Mitglied in der SPD ist … aber klar doch, wo sonst. Brrr.> (f-book, 22.1.)